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Ivan Fučík | May 2, 2018
Worum geht es? Es geht um die Schweigepflicht der Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die Beratung an ihre Mandanten erbringen. Die Verwaltungsbehörden (und nicht nur die tschechische) sehen in den Beratern einen der Gründe der Steuerhinterziehung. Die Änderungen in Gesetzen sollen die Berater von der sog. „aggressiven“ Steuerberatung abbringen.
Ich versuche, das Thema aus der Perspektive der einschlägigen Gesetze und Richtlinien zusammenzufassen, damit sich jeder zum Schluss seine Meinung dazu bilden könnte.
Die Europäische Kommission hat im Jahr 2011 die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (Directive on Administrative Cooperation in Taxation) verabschiedet. Diese Richtlinie wird schrittweise um neue Verpflichtungen ergänzt. Ihr Bestandteil ist der sog. automatische Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. DAC 5 – diese Richtlinie ermöglicht den Zugang zu Informationen, die der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt werden, zum Zweck der Bekämpfung der zur Geldwäsche, der Finanzierung des Terrorismus und der Kriminalität geschaffenen Strukturen.
Neben der DAC führt die Europäische Kommission im Rahmen der Bekämpfung der Steuerverkürzung und der Gewinnverlagerung die Richtlinie ATAD (Anti Tax Avoidance Directive – Richtlinie mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken) ins europäische Recht ein. Diese Richtlinie stützt sich auf die BEPS-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD. Die Richtlinie gilt nur für juristische Personen und deren feste Betriebsstätten.
Das Finanzministerium hat zu Beginn dieses Jahres der Abgeordnetenkammer die Novelle der Abgabenordnung vorgelegt, deren Aufgabe es sein sollte, die EU-Richtlinie DAC 51 in tschechische Rechtsvorschriften umzusetzen. Die Abgeordnetenkammer hat die Novelle in der Sitzung am 3. April 2018 verabschiedet und in den Senat weitergegeben. Die DAC-Richtlinie regelt die Verpflichtungen der Finanzinstitutionen im Rahme des sog. automatischen Austausches von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. Neue Pflichten für Rechtsanwälte und Steuerberater finden Sie in der Novelle jedoch nicht.
Nach dem Entwurf haben die Pflichtigen (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare) eine neue Verpflichtung, dem Finanzamt auf dessen Anfrage Angaben zur verdächtigen Person zu melden.2 Das heißt, alle durch das Gesetz über bestimmte Maßnahmen gegen die Legalisierung der Gewinne aus Kriminalität und gegen die Finanzierung des Terrorismus (Geldwäsche-Gesetz) bestimmte Pflichtigen sind verpflichtet, auf Anfrage der Steuerverwaltung die im Gesetz angeführten Angaben zu übermitteln, und zwar nur im Rahmen des sog. Ersuchens im Rahmen der Mitgliedstaaten. Der Umfang dieses Ersuchens wird nirgends definiert. Dies verstehe ich so, dass ich als Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater die geforderten Angaben, falls ich sie habe, der Steuerverwaltung ungeachtet der Schweigepflicht zur Verfügung geben muss. Muss ich also meinen Kunden verraten? Das Gesetz bricht ab jetzt in diesem Punkt die Schweigepflicht der Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Notare.
Nach dem Gesetz gegen Geldwäsche ist ein verdächtiges Geschäft, das der Meldepflicht unterliegt, ein Geschäft, das zur Legalisierung der Gewinne aus Kriminalität oder zur Finanzierung des Terrorismus bestimmt ist.3 In diesem Gesetz ist die Verpflichtung des Steuerberaters verankert, der Steuerberaterkammer ein verdächtiges Geschäft in dem Fall zu melden, wenn der Mandant Rechtsberatung zum Zweck der Legalisierung der Gewinne aus Kriminalität oder zum Zweck der Finanzierung des Terrorismus fordert. Der Steuerberater muss nichts über den Mandanten melden, wenn er ihn z.B. im Steuerverfahren vertritt4.
Zum oben genannten haben sich auch die Rechtsanwaltskammer der Tschechischen Republik in ihrer Erklärung5 und Mgr. Tomáš Rydval in seinem Artikel in E-Právo (Deutsch: E-Recht) scharf geäußert6.
Der Änderungsantrag des Abgeordneten Jakub Michálek, der vom Unterhaus des tschechischen Parlaments, der Sněmovna, abgelehnt wurde, sollte die zitierte Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht noch ermöglichen. Ihm zufolge würden die Rechtsanwälte und die Steuerberater im Grunde Helfer der Verwaltungsbehörden bei der Steuererhebung werden. Sie müssten über ihre Mandanten berichten, wenn sie Informationen erfahren, die „den Anlass zum Verdacht geben“, dass seitens des Mandanten die Steuerpflicht „nicht erfüllt wurde oder wird“, wenn diese den Wert von 500 000 CZK übersteigt7.
Die Finanzministerin in Demission JUDr. Alena Schillerová, Ph.D. sagt zum Thema auf der Webseite des Finanzministerium folgendes:
"Die Steuerverwaltung wird die Möglichkeit haben, Informationen von den Mitgliedern der Berufskammern nur im Umfang der Richtlinie DAC 5 zu erheben, d.h. zum Zweck des Austausches von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten. Der Gesetzesentwurf der Regierung verlangt im Falle der Rechtsanwälte, der Steuerberater, der Notare, der Gerichtsvollzieher und der Wirtschaftsprüfer angesichts der spezifischen Stellung dieser Berufe nur das notwendige Minimum zur ordnungsmäßigen Umsetzung dieser Richtlinie. Die Rechtsanwälte und weitere Rechtsberufe werden z.B. Angaben aus dem Bereich der Treuhand, der anwaltlichen Treuhandbüchern oder der Vermittlung von Geschäften zur Verfügung stellen müssen. Im Gegensatz dazu werden sie nicht verpflichtet sein, Informationen aus dem Bereich der Rechtshilfe bereitzustellen, was der Kern ihrer Arbeit ist (z.B. die Verteidigung im Strafverfahren, Ratschläge in einem Steuerstreit).“8 Ich wünsche, dass das, was die Ministerin sagt, gilt, obwohl es sich aus dem Text der Novelle der Abgabenordnung nach meiner Meinung nicht ergibt.
Wenn das Brechen der Verschwiegenheitspflicht durch den Senat und vom Präsidenten genehmigt wird, werden die Rechtsanwälte, die Steuerberater und die Wirtschaftsprüfer ihre Mandanten darauf hinweisen, dass sie ihnen lieber die Informationen nicht mitteilen sollen, bei denen sie nicht wollen, dass die Steuerverwaltung diese erfährt. In diesem Fall können sie jedoch keine gute Beratung erbringen. Der Steuerberater kann das Risiko bei geplanten Transaktionen verhindern, die er dem Mandanten nicht empfiehlt. Die steuerlichen Stellungnahmen zu den bereits erfolgten Transaktionen werden ein Risiko darstellen. Vielleicht werden die Beratungsleistungen dadurch teurer, dass die „mutigen Berater“ die Risiken tragen.
Die Mission des Steuerberaters ist es, dem Mandanten mit seiner Geschäftstätigkeit zu helfen. Das Ziel der Gesellschaft ist es, Unternehmen in deren erfolgreicher Geschäftstätigkeit zu unterstützen. Dazu, dass sie ihre Geschäftstätigkeit betreiben können, benötigen sie in dem komplizierten regulierten Rechts- und Steuersystem, das der Staat und die EU durch ihre Richtlinien und Gesetze schaffen, Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Daher bin ich optimistisch. Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber die Steuerberater von der Beratung komplett ausschließen will. Niemand will doch höhere Steuern zahlen, als es das Gesetz verlangt. Dies ist nicht im Interesse der Gesellschaft. Oder doch?
Ivan Fučík