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| January 16, 2024

Ein Flugzeug ohne Besatzung mieten: Es handelt sich nicht um einen internationalen Transport, sondern um Lizenzgebühren

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In einem aktuellen Urteil hat sich das Oberste Verwaltungsgericht (NSS) zu der Frage geäußert, ob Einnahmen aus der Vermietung von nicht ausgestatteten unbemannten Luftfahrzeugen als Einnahmen aus dem Betrieb von Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr im Sinne von Artikel 8 des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens angesehen werden können (dann würden die Einkünfte nur im Ansässig-keitsland des Empfängers besteuert und in der Tschechischen Republik keiner Quellensteuer unterliegen), oder ob es sich im Gegenteil um eine Vermietung beweglicher Einrichtung handelt, die sich auf dem Gebiet der Tschechischen Republik befindet und die der Definition von Lizenzgebühren gemäß Art. 12 des DBAs unterliegt (letztere unterliegt hingegen in der Tschechischen Republik der Quellensteuer).

 

In dieser Angelegenheit wurde der Steuerzahler von unserem Unternehmen vertreten und wir plädierten für die Eingruppierung der Einkünfte unter Artikel 8, insbesondere unter Berücksichtigung der folgenden Punkte:

  • Der Wortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens selbst gab keine klare Interpretation (die gleiche Unklarheit wird daher sowohl im Kommentar zum OECD-Abkommen als auch im Kommentar zum UN-Musterabkommen behandelt) und
  • die Tschechische Republik hat erst mehrere Jahre nach Abschluss des betreffenden Abkommens einen Vorbehalt zu Artikel 12 mit dem Ziel angebracht, die Miete im Rahmen des Artikels 12 in der Tschechischen Republik zu besteuern
  • eine spätere Fassung des Kommentars zum OECD-Musterabkommen erlaubt ausdrücklich die Einbeziehung solcher Einkünfte in die Regelung lt. Art. 8, ​wenn es sich um zusätzliche Tätigkeit eines Unternehmens handelt, das sich mit dem internationalen Betrieb von Luftfahrzeugen beschäftigt, und gleichzeitig
  • das neue Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Korea aus dem Jahr 2020 ordnet diese Einkünfte ausdrücklich dem Artikel 8 unter, was aus unserer Sicht als Bestätigung der Einigung über den bereits in der Praxis angewandten Status gewertet werden kann.

 

Obwohl das NSS-Gericht grundsätzlich anerkannte, dass sich der Umfang der unter Artikel 8 gehörenden Einkünfte infolge der Entwicklung des Kommentarwortlauts zum Musterabkommen geändert hat, stellte es jedoch gleichzeitig fest, dass wenn das Doppelbesteuerungsabkommen selbst keine eindeutige Auslegung zur Vermeidung gibt und so in diesem Fall die Verwendung des Kommentars als Hilfsmittel zur Auslegung angemessen ist, ist der zum Zeitpunkt des Abkommen-Abschlusses gültige Wortlaut des Kommentars anzuwenden, unabhängig davon, wie sich dieser Kommentar im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Das NSS bestätigte damit einen statischen Ansatz bei der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen und gelangte im Hinblick auf den Wortlaut des Kommentars im Jahr 1995 zu dem Schluss, dass Einkünfte aus der Vermietung eines unbemannten Luftfahrzeugs Einkünfte aus Lizenzgebühren im Sinne von Art. 12 DBA sind, denn es handelt sich nicht nur um gelegentliche Einkünfte (obwohl es sich um Nebeneinkünfte handelt, was in der Terminologie der neueren Fassung des Kommentars ausreichen würde, um die Einkünfte unter Art. 8) einzugruppieren); und daher sollte von diesen Einkünften die Quellensteuer von 10 % in der Tschechischen Republik abgezogen werden.

 

Neben dem Rechtsstreit selbst ist dieses Urteil auch deshalb bedeutsam, weil sich das NSS darin mit den Auslegungsregeln von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, insbesondere mit der Bedeutung des OECD-Kommentars zum Muster- Doppelbesteuerungsabkommen befasste, einschließlich der Bedeutung etwaiger späterer Änderungen in diesem Kommentar zur Anwendung bereits in Kraft befindlicher Abkommen. In diesem Zusammenhang kam das NSS-Gericht insbesondere zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Das OECD-Musterabkommen bzw. der Kommentar zum Musterabkommen stellen keine formelle Rechtsquelle dar und sind daher nicht verbindlich, sondern lediglich ein zusätzliches Auslegungsmittel bei der Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Obwohl der Kommentar eine hohe Überzeugungskraft besitzt, lässt er sich nicht mechanisch darauf stützen.

 

  • Auch eine eventuelle inhaltliche Änderung des Kommentars begründet nicht zwangsläufig eine spätere Praxis, die das Gericht oder die Finanzverwaltung berücksichtigen müssten. Bei Anwendung eines späteren, vom ausgelegten Text des Abkommens abweichenden Kommentars läge faktisch eine unzulässige Änderung vom Text des Abkommens selbst vor.

 

  • Bei der Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens ist vorrangig von der Fassung des
    zum Zeitpunkt des jeweiligen Abkommens bestehenden Kommentars auszugehen, und nicht von den späteren Kommentaren.

 

  • Bei der Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens können auch spätere Fassungen des Kommentars berücksichtigt werden, wenn diese eine begründete Auslegung eines bestimmten Begriffs geben und nicht im Widerspruch zu dem, zum Zeitpunkt des Abkommen-Abschlusses aktuellen Wortlaut des Abkommens bzw. Kommentars stehen. Daher ist ein späterer Kommentar eine nützliche interpretative Ergänzung, wenn er die Ansichten im früheren Kommentar weiter beleuchtet und ausführt.

 

Das oben genannte Urteil brachte damit zusätzliche Leitlinien für die Auslegung der Bestimmungen von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Kommentare dazu, von denen es derzeit jedoch nur wenige gibt. Es ist daher zu erwarten, dass einige der oben genannten Schlussfolgerungen künftig von Verwaltungsgerichten bei der Lösung auch anderer Streitigkeiten über die Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen angewendet werden.