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| May 17, 2022

Wann überschreitet die Suchtätigkeit des Steuerverwalters ihre Grenzen und Handelt es sich Eigentlich um eine Steuerkontrolle? Welche Verfahrens-auswirkungen kann eine solche Schlussfolgerung haben?

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Der Steuerverwalter ist berechtigt, im Rahmen seiner gesetzlichen Tätigkeit die sog. Suchtätigkeit durchzuführen, wenn er vor und während des Verfahrens nach Beweisen und Steuersubjekten sucht und die Erfüllung ihrer Pflichten bei der Steuerverwaltung feststellt. Im Rahmen der Suchtätigkeit kann der Steuerverwalter eine örtliche Untersuchung durchführen, bei der der Steuerverwalter insbesondere Beweismittel erhebt und die Steuersubjekte und andere an der Steuerverwaltung beteiligte Personen, auch an einem hinsichtlich des Zwecks der örtlichen Untersuchung am besten geeigneten Ort durchsucht. Der Steuerpflichtige und andere anwesende Personen sind verpflichtet, dem die örtliche Untersuchung durchführenden Beamten alle zumutbaren Mittel und die erforderliche Mitwirkung zur Verfügung zu stellen, um die örtliche Untersuchung wirksam durchzuführen.

Steuerverwaltungen nutzen häufig eine örtliche Untersuchung, bei der sie eine Menge von Dokumenten und Erklärungen von Steuersubjekten anfordern, die sie dann mehrere Monate lang analysieren, um anschließend eine Steuerprüfung einzuleiten. Das Oberste Verwaltungsgericht hat sich wiederholt geäußert, dass dieses Verfahren des Finanzverwalters über die bloße Durchsuchungstätigkeit hinausgeht und tatsächlich die Durchführung einer Steuerprüfung beinhaltet. 

Örtliche Untersuchung vs. Steuerprüfung

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts besteht zwischen den beiden Instituten/ Maßnahmen ein erheblicher Unterschied, wobei der Steuerverwalter nicht berechtigt ist, zwischen diesen grenzenlos zu wählen.

Im Urteil vom 1. 3. 2022, AZ. 7 Afs 231/2021 - 31 (dem das Urteil vom 2. 7. 2020, AZ. 7 Afs 390/2019 – 44 bzgl. derselben Sache vorausgegangen ist) fasste das Oberste Verwaltungsgericht die Schlussfolgerungen früherer Urteile vom 27. 7. 2005, AZ. 1 Afs 70/2004 - 80, Nr. 937/2006 Slg. NSS, und vom 31. 5. 2017, AZ. 4 Afs 14/2017 – 36 zusammen und stellte Folgendes fest: „Aus der genannten Rechtsprechung ergibt sich, dass der Zweck einer örtlichen Untersuchung darin besteht, vorläufige bzw. Grundlageninformationen ("Terrain Mapping") einzuholen, nicht jedoch Feststellung, Überprüfung, bzw. Ermittlung der Steuerpflicht; zum Letzteren dient eine Steuerprüfung. Die Steuerprüfung ermittelt oder überprüft die Besteuerungsgrundlage oder sonstige für eine richtige Steuerermittlung maßgebliche Umstände. Dem entspricht auch der Umfang der Rechte des Steuerpflichtigen. Schließlich ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass die Steuerbehörden den Sinn und Zweck dieser Institute beachten müssen und sie nicht verwechseln dürfen. Das umgekehrte Vorgehen kann als Abweichung von den Grenzen der Suchtätigkeit, bzw. als gesetzwidriger Eingriff angesehen werden. Die zitierte Rechtsprechung kann dabei nicht so interpretiert werden, dass die Schlussfolgerung über die Abweichung von den rechtlichen Vorschriften der örtlichen Untersuchung nur und bloß in jenen Situationen getroffen werden könnte, wenn der Finanzverwalter die Vorlage einer vollständigen Buchführung (und ggf. umsatzsteuerlicher Aufzeichnungen/Evidenz) verlangt und dann diese in Bezug auf die Gesamtsteuerschuld des Steuerpflichtigen prüft. Im Gegenteil, auch bei der Anforderung einer geringeren Menge an Unterlagen (als die gesamte Buchhaltung) und der Prüfung eines geringeren Sachverhalts (als nur alle Aspekte der Steuerpflicht/-schuld), können unter Erfüllung der im Urteil AZ 4 Afs 14/2017 (und indirekt im Urteil AZ. 1 Afs 70/2004) hervorgehobenen Voraussetzungen die Grenzen der Suchaktivität und der örtlichen Untersuchung überschritten werden. Dies wird in solchen Situationen der Fall sein, in denen der Steuerverwalter, anstatt nur die Unterlageninformationen und ein "Terrain Mapping" einzuholen, de facto bereits die Bestimmung und Überprüfung der Ermittlung der Steuerschuld durchführt (vgl. auch die Urteile des Amtsgerichts in AZ. 5 Afs 301/2019 und AZ. 7 Afs 390/2019).

Aufgrund des Vorbezeichneten bewertete das Oberverwaltungsgericht das Vorgehen des Finanzverwalters im vorliegenden Fall als eine Steuerprüfung, und nicht - wie vom Finanzverwalter beschrieben - als örtliche Untersuchung. Die Umstände des Falles waren wie folgt. Der Steuerverwalter forderte bereits vor der örtlichen Untersuchung den Steuerzahler auf, ihm alle Unterlagen bzgl. Berechtigung des F&E-Abzugs für die Steuerjahre 2010, 2012 bis 2014 vorzulegen (per E-Mail vom 15. Dezember 2015). Die am 12. Januar 2016 durchgeführte örtliche Untersuchung selbst, deren Gegenstand als „Ermitteln von Informationen und Bereitstellen von Unterlagen zwecks Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Abzugs für Forschung und Entwicklung in der Zeile 242 der Körperschaftsteuererklärung für den Steuerzeitraum 2010, 2012, 2013 und 2014 “ definiert wurde, fand mehrere Stunden statt und neben den Beamten des Steuerverwalters nahmen auch der Geschäftsführer des Steuerzahlers, sein Hauptbuchhalter und sein Bevollmächtigter teil. Das Protokoll über die örtliche Untersuchung zeigte, dass den Beamten der Steuerverwaltung eine beträchtliche Menge an Unterlagen bezüglich des Abzugs für Forschung und Entwicklung vorgelegt und Erläuterungen gegeben worden waren. Das Oberste Verwaltungsgericht betonte auch, dass der Steuerverwalter seine Maßnahmen nicht nur auf die genannte örtliche Untersuchung beschränkt habe. Einerseits haben die Beamten während der örtlichen Untersuchung nicht nur die Unterlagen vor Ort studiert, sondern auch Kopien einiger Dokumente übernommen und vom Ort der örtlichen Untersuchung mitgenommen haben; anderseits hat der Steuerzahler dem Steuerverwalter am 14. März 2016 (d.h. mehr als zwei Monate nach der örtlichen Untersuchung) CD mit weiteren 40 Dokumenten zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten für die Jahre 2012 bis 2014 zur Verfügung gestellt. Der Steuerverwalter wertete die erhaltenen Unterlagen aus. Das Oberverwaltungsgericht erklärte, dass die beschriebene Abfolge von Schritten nicht als bloße Feststellung von Unterlageninformationen und „Terrain Mapping“ (was im Rahmen einer örtlichen Untersuchung durchgeführt werden kann), wie es die oben zitierte Rechtsprechung bezeichnet, gewertet werden könne. Vielmehr geht es im Wesentlichen darum, die Richtigkeit der Ermittlung der Steuerschuld (die jedoch im Rahmen der Betriebsprüfung durchzuführen ist) festzustellen und zu überprüfen.

Aufgrund dessen kam das Oberverwaltungsgericht in dem Fall zu dem Schluss, dass die Körperschaftsteuerprüfung für die Besteuerungszeiträume 2013 und 2014 im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung des Abzugs für Forschung und Entwicklung in Zeile 242 der Steuererklärung, die vom Steuerverwalter am 24. Mai 2017 eröffnet wurde, eine wiederholte Steuerprüfung war, da angesichts des zeitlichen Zeitabstands, zwischen der solchermaßen eingeleiteten Steuerprüfung und der letzten Handlung im vorangegangenen Prüfungsverfahren ("örtliche Untersuchung") berechtigterweise auf eine, bereits abgeschlossene Erstbetriebsprüfung geschlossen werden kann. Da das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer wiederholten Prüfung vom Steuerverwalter nicht bestätigt wurde oder sich aus den Akten nicht ergibt, hat das Oberverwaltungsgericht die am 24. Mai 2017 eingeleitete Steuerprüfung als rechtswidrig eingeleitet gekennzeichnet.

Im Urteil vom 15. 3. 2022, AZ. 7 Afs 39/2020 – 29 befasste sich das Oberverwaltungsgericht mit der eingewendeten Präklusion des Rechts bzgl. Steuerermittlung, wenn der tatsächliche Zeitpunkt des Beginns der Steuerprüfung zwischen den Parteien streitig war; ob es die Erstellung des Protokolls über die Eröffnung der Steuerprüfung, d.h. am 2. 4. 2015, oder bereits das - vom Finanzverwalter als Suchtätigkeit bezeichnete Verfahren des Finanzverwalters vor der Eröffnung der Steuerprüfung war. Im Rahmen dieses Verfahrens hat der Finanzverwalter - zwecks Überprüfung einzelner Sachverhalte, die sich aus der Körperschaftsteuererklärung 2013 ergeben, bzw. Überprüfung der Richtigkeit der in der Erklärung angegebenen Daten – vom Steuerpflichtigen im Zeitraum ab dem 5. November 2014 und im Rahmen der in drei Tagen am Sitz des Steuerpflichtigen durchgeführten örtlichen Untersuchung, fortlaufend Erklärungen, Unterlagen und Buchungsbelege in Form von E-Mail- und telefonischer Kommunikation angefordert. Das Oberverwaltungsgericht stellte fest, dass der Steuerverwalter vom Steuersubjekt einen solchen Auskunftsumfang und solchermaßen verlange, was einer üblichen stichprobenartigen Steuerprüfung entspreche. Laut dem Obersten Verwaltungsgericht ist es klar, dass der Steuerverwalter die erhaltenen Dokumente nicht nur gesammelt, sondern sie im Detail kennengelernt und beurteilt hat, ob sie die Behauptungen des Steuerpflichtigen bewiesen haben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts handelte es sich de facto um eine klassische Feststellung und Überprüfung der Richtigkeit der Ermittlung der Steuerschuld, die jedoch im Rahmen einer Steuerprüfung durchzuführen ist.

Das Vorgehen des Steuerverwalters nach Erstellung des Protokolls über die Eröffnung der Steuerprüfung am 2. April 2015 unterschied sich nicht von dieser „Vorprüfung“- Phase. Der Steuerverwalter kommunizierte weiter seine Anforderungen per E-Mail-Kommunikation, wobei er seine Erkenntnisse aus der „Vorprüfung“- Phase berücksichtigt hat und diesen nachgekommen ist. Das Oberverwaltungsgericht stellte fest, dass der Finanzverwalter mit Erstellung des Protokolls vom 2. April 2015 die eigentliche bereits durchlaufende Steuerprüfung faktisch nur „formalisiert“ und damit zugleich die bestehenden formalen Mängel seines Verfahrens verschleiert/beseitigt hat. Die Abfassung des Protokolls am 2. April 2015 ändert jedoch nichts daran, dass der Steuerverwalter tatsächlich und materiell bereits einige Monate früher (5. November 2014) mit der Betriebsprüfung begonnen und diese bis zur Verhandlung des Steuerprüfungsberichts laufend fortgeführt hat. Nach Angaben des Obersten Verwaltungsgerichts war der Tag, ab dem die dreijährige Steuerveranlagungsfrist erneut lief, nicht der 2. April 2015, sondern bereits der 5.11.2014, als der Steuerverwalter mit der Kontrolltätigkeit in Bezug auf die Festlegung ihres Gegenstands und Umfangs begonnen hat (am 3. 11. 2014). Im vorliegenden Fall hatte diese Schlussfolgerung zur Folge, dass die Steuernachbemessung nach Ablauf der Präklusions-/ Verjährungsfrist für die Steuerermittlung erfolgt ist.

Das Oberverwaltungsgericht betonte auch die Abweichung von dem im Urteil vom 1. 3. 2022, AZ. 7 Afs 231/2021 ‑ 31 behandelten Fall, wenn die Abfassung des Protokolls über den Beginn der Steuerprüfung am 24. 5. 2017 als wiederholte Betriebsprüfung gewertet wurde, im Gegensatz zum vorliegenden Fall, zu dem das Oberverwaltungsgericht urteilte, dass die bereits früher (5. 11. 2014) faktisch und materiell eröffnete Steuerprüfung laufend bis zur Verhandlung des Betriebsprüfungsberichts fortgesetzt hat. Das Oberverwaltungsgericht führte dazu aus: „Gerade weil der Finanzverwalter nach dem Inhalt des Aktenmaterials während des gesamten Zeitraums seit dem 5. November 2014 Prüfungshandlungen beim  Beschwerdeführer laufend, ohne wesentliche Zeitabstände zwischen den einzelnen Handlungen der Kontrolltätigkeit, bzw. ohne längere Unterbrechung durchgeführt hat, unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, mit dem sich das Oberste Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. 3. 2022, AZ. 7 Afs 231/2021 ‑ 31“ befasst hat. 

Folgen der Überschreitung des Umfangs der Suchtätigkeit vor Beginn einer Steuerprüfung

a) die Rechtswidrigkeit einer solchen Steuerprüfung wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen für ihre Wiederholung, d.h. eine rechtswidrige wiederholte Steuerprüfung, oder

b) Beseitigung der Verfahrensmängel des bisherigen Verfahrens des Steuerverwalters, bei denen es sich in Wirklichkeit um eine Steuerkontrolle, und nicht um eine Suchtätigkeit, handelte. In einem solchen Fall ist die den Veranlagungszeitraum berührende Handlung der tatsächliche Beginn der

Suchtätigkeit, nicht erst der förmliche Beginn der Steuerprüfung.

Aus der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ergibt sich auch, dass der Unterschied zwischen diesen beiden Folgen in dem Zeitabstand zwischen der letzten Handlung der Suchtätigkeit und der Eröffnung der Steuerprüfung liegt. Ungeklärt bleibt jedoch die Frage, wo die Zeitgrenze liegt, wann es sich noch um eine laufende Fortsetzung der vorangehenden, tatsächlich durchgeführten Steuerprüfung handelt und wann es sich schon um eine wiederholte Steuerprüfung handelt. Das Oberverwaltungsgericht hat sich jedoch zu dieser Frage nicht geäußert. Im Urteil vom 1. 3. 2022, AZ. 7 Afs 231/2021 – 31 hat das Oberverwaltungsgericht als wiederholte Steuerprüfung die Prüfung gewertet, die mehr als 1 Jahr nach der letzten Suchtätigkeitshandlung eingeleitet wurde. Zur Schlussfolgerung über die laufende Fortsetzung der bereits früher tatsächlich eingeleiteten Steuerprüfung kam das Oberverwaltungsgericht mit dem Urteil vom 11.12.2018 15. 3. 2022, AZ. 7 Afs 39/2020 – 29 im Fall des mehrtätigen Zeitabstands zwischen der letzten Handlung der Suchtätigkeit des Finanzverwalters und dem Beginn der Steuerprüfung. 

Derzeit klären wir beim Oberverwaltungsgericht die Situation eines Klienten, in der der Zeitabschnitt zwischen der letzten Handlung des Finanzverwalters und der Eröffnung der Prüfung etwa 3,5 Monate betrug, was das Kreisgericht als unzureichenden Zeitabstand für eine rechtswidrige wiederholte Betriebsprüfung bewertete. Wir werden Sie über das Ergebnis der Beurteilung dieser Angelegenheit informieren. 

Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren oder derzeit ein ähnliches Problem lösen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir helfen Ihnen gerne weiter.

Autor: Jaroslava Půtová, Petra Janďourková

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