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Gabriela Jandová | November 8, 2022

16 Minuten betr. Erledigung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit als Kündigungsgrund?

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Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik befasste sich erneut mit dem Fall eines Beamten, der sich nachweislich während seiner Arbeitszeit um private Angelegenheiten kümmerte. In seiner Anwesenheitsliste vermerkte er, dass er die Arbeit 16 Minuten später verließ, als er ein privates Paket zur Post schickte. Gleichzeitig verstieß er mit dem Inhalt dieses Pakets gegen den Ehrenkodex, als er einen Gefängnispyjama mit aufgeklebter Häftlingsnummer verschickte, das er zu Weihnachten an den örtlichen Vizebürgermeister adressierte.

Mit diesem Scherz verstieß der Beamte gegen die Bestimmungen des Ethikkodex für Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung, wonach Beschäftigte solche Aktivitäten, Verhaltensweisen und Handlungen in ihrem Privatleben vermeiden sollen, die zu einem Vertrauensverlust in die öffentliche Verwaltung in der Öffentlichkeit führen könnten. Gleichzeitig erhielt er für die vorsätzliche Vortäuschung einer Arbeitsleistung während der fraglichen 16 Minuten eine Vergütung für nicht erbrachte Arbeitsleistung auf Kosten des Arbeitgebers, womit vorsätzlich eine rechtswidrige Vermögensminderung des Arbeitgebers erreicht wird. Der Arbeitgeber beendete das Arbeitsverhältnis mit ihm aus diesen Gründen.

Der Beamte verlangte mit einer Klage die Unwirksamkeit der Kündigung, wobei er Folgendes widersprach:

1.    sein Handeln erreichte nicht die Intensität einer schwerwiegenden Pflichtverletzung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit, und
2.    die 2-monatige Ausschlussfrist[1] ist bereits abgelaufen, seit der der Arbeitgeber von seinem Handeln Kenntnis erlangt hat.

Frühere Entscheidungen der Gerichte beider Instanzen stimmten dem ersten Argument des Beamten zu, dass das betreffende Verhalten nicht die Intensität einer schwerwiegenden Verletzung von Pflichten aus gesetzlichen Vorschriften und anderen Vorschriften im Zusammenhang mit der Arbeit des Arbeitnehmers erreicht habe. Das Oberste Gericht hält jedoch diese Einschätzung für falsch.[2]
In seinem Urteil[3] stellte das Oberste Gericht fest, dass sogar ein indirekter Angriff auf das Eigentum des Arbeitgebers, einschließlich der Vortäuschung einer Arbeitsleistung, hinsichtlich der Intensität ein solches Verhalten darstellt, bei dem eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer möglich ist.[4] Dabei ist es unerheblich, welche Werte des Arbeitgebers und in welchem Umfang durch den Angriff bedroht oder beeinträchtigt wurden, und daher, unabhängig davon, wie großen finanziellen Vorteil der Arbeitnehmer durch sein Handeln erlangt oder angestrebt hat, wie es sich in ähnlicher Weise aus der bisherigen Entscheidungspraxis des Obersten Gerichtshofs ergibt. [5] Schon eine 16-minütige Erledigung privater Angelegenheiten kann somit als Angriff auf das Eigentum des Arbeitgebers verstanden werden.

Die Revisionsinstanz begründete ihre Entscheidung vor allem damit, dass der Beamte versuchte, sein Vorgehen mit falschen Angaben in der Anwesenheitsliste zu verschleiern und seine Arbeitszeit für die geplante Verleumdung des stellvertretenden Bürgermeisters der Gemeinde nutzte. Darüber hinaus fand das Gericht Unterstützung in der bisherigen Kritik an der Arbeitsweise des Beamten und in der Warnung vor der Erbringung unbefriedigender Arbeitsergebnisse.

Nach Ansicht des Obersten Gerichts hat das Berufungsgericht auch falsch beurteilt, ob die 2-monatige Kündigungsfrist ab dem Tag, an dem der Arbeitgeber von den Handlungen des Beamten Kenntnis erlangte, bereits verstrichen war. Das Berufungsgericht bezeichnete als Beginn der Frist den Moment, in dem der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde davon erfuhr; er hatte jedoch Kenntnis von den Handlungen des Beamten vor seinem Arbeitgeber (Gemeinde), da das Paket gerade an den stellvertretenden Bürgermeister adressiert war. Das Gericht prüfte daher, ob der stellvertretende Bürgermeister als leitender Angestellter im Sinne von § 11 des Arbeitsgesetzbuchs verstanden werden könne, da in einem solchen Fall seine Kenntnisse gleichzeitig mit denen des Arbeitgebers berücksichtigt würden.

Obwohl der stellvertretende Bürgermeister den Bürgermeister der Gemeinde während seiner Abwesenheit [6] vertritt (übernimmt seine Befugnisse), folgt es aus keiner Bestimmung des Gemeindegesetzes, dass er als leitender Angestellter gilt, und die Befugnisse eines leitenden Angestellten ausüben konnte. Laut Urteil [7] gilt nicht als leitender Angestellter, wer einen leitenden Angestellten während dessen Abwesenheit nur vorübergehend vertritt und sonst keine Untergebenen hat; d.h. seine Stellung als leitender Angestellter ist nicht durch eine gesetzliche oder interne Regelung des Arbeitgebers begründet. Auch wer kurzzeitig mit der Leitung eines Teilarbeitsprozesses betraut ist, ohne dass seine diesbezügliche Stellung in einer betrieblichen Regelung verankert ist, gilt nicht als leitender Angestellter. Daher gilt der Moment, in dem der stellvertretende Bürgermeister vom Handeln Kenntnis erlangt hat, nicht automatisch als Moment, in dem der Arbeitgeber davon Kenntnis erlangt hat.

Nur 16 Minuten wurden daher für den Beamten fatal. In der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung sind gegenseitiges Vertrauen, die Verlässlichkeit und Ehrlichkeit des Arbeitnehmers unerlässlich. Auch eine leicht verzerrte Angabe in der Anwesenheitsliste des Arbeitnehmers im Sinne des oben genannten Urteils kann somit ein hinreichender Grund für die Verletzung dieser Beziehung sowie ein hinreichender Grund für deren Beendigung sein.

Der Beitrag wurde ursprünglich in www.epravo.cz veröffentlicht.

[1] angeführt in § 58 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 262/2006 Slg., das Arbeitsgesetzbuch, in dessen jeweils geltender Fassung (im Folgenden als „Arbeitsgesetzbuch“ bezeichnet)

[2] das Urteil des Obersten Gerichts vom 20. 5. 2022, AZ. 21 Cdo 424/2021

[3] daselbst.

[4] gemäß der Bestimmung § 55 Abs. 1, Buchst. b) des Arbeitsgesetzbuchs

[5] das Urteil des Obersten Gerichts vom 30. 9. 2020, AZ. 21 Cdo 2664/2020

[6] vergl. Bestimmung § 104 Abs. 1 dritter Satz, § 103 Abs. 6, § 75 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 128/2000 Slg., über Gemeinden (Gemeindeeinrichtung), in der jeweils geltenden Fassung (im Folgenden „Gemeindegesetz“)

[7] das Urteil des Obersten Gerichts vom 20. 5. 2022, AZ. 21 Cdo 424/2021

Autor: Gabriela Jandová