Petr Němec | 22.11.2024
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Richard Knobloch | May 7, 2024
Wir möchten Sie auf ein wichtiges Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts (im Folgenden „NSS“) AZ. 4 Afs 64/2023-44 aufmerksam machen, in dem es um die umsatzsteuerliche Beurteilung von Grundstücken als Bauland ging. Das zwischen den Vertragsparteien übertragene Grundstück war unbebaut, befand sich aber laut Bebauungsplan der Gemeinde in ihrem bebaubaren Teil. Die Vertragsparteien beurteilten den Grundstücksverkauf als von der Mehrwertsteuer befreit, die Steuerverwaltung dagegen als steuerpflichtig, wobei sie und die Mehrwertsteuer nachbemessen hat. Der damit verbundene Streit wurde durch das NSS-Gericht entschieden.
Zur Präzisierung führen wir auch relevante Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes auf, die die Befreiung und Besteuerung der Übertragung von Grundstücken regeln (der Schlüsseltext für diesen Streit ist fett bezeichnet):
Gemäß § 56 Abs. 1 ist die Lieferung von jenen Grundstücken steuerfrei, die (a) keine funktionale Einheit mit einem fest mit dem Erdreich verbundenen Gebäude bilden und (b) kein Baugrundstück sind.
Gemäß § 56 Abs. 2 gelten als Baugrundstück jene Grundstücke, auf denen
(a) ein fest mit dem Erdreich verbundenes Bauwerk errichtet werden soll und (i) die Gegenstand von Bauarbeiten oder Verwaltungsmaßnahmen zur Errichtung dieses Bauwerks
sind oder waren, oder (ii) in deren Nähe Bauarbeiten zur Errichtung dieser Gebäude durchgeführt werden
oder durchgeführt wurden oder
(b) ein fest mit dem Boden verbundenes Bauwerk errichtet werden kann, auf der Grundlage
einer Baugenehmigung, einer gemeinsamen Genehmigung, mit der das Gebäude platziert und genehmigt
wird, oder der Erteilung einer Genehmigung für den Bau eines angemeldeten Gebäudes nach dem
Baugesetz.
Da die übertragenen Grundstücke zum Zeitpunkt der Übertragung unbebaut waren und weder auf ihnen noch in deren Nähe Baumaßnahmen zum Zwecke künftiger Bebauung stattgefunden hatten, begründete der Steuerpflichtige (Beschwerdeführer) seine Argumentation damit, dass der relevante Bebauungsplan der Gemeinde nicht als Verwaltungsakt für Bauzwecke angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang erlauben wir uns etwas vom Streitverfahren abzuschweifen und auf zwei zusammenhängende Sachverhalte aufmerksam zu machen. Erstens beziehen sich die Bestimmungen des Mehrwertsteuergesetzes auf die Errichtung „dieses Gebäudes“, bei dem es zweifellos notwendig ist, ein konkretes Gebäude in Betracht zu ziehen, und nicht nur eine theoretische Möglichkeit, auf dem gegebenen Grundstück in der Zukunft zu bauen. Und zweitens hat die Generalfinanzdirektion zu den einschlägigen Bestimmungen des seit 2016 novellierten Umsatzsteuergesetzes eine Informationen herausgegeben, in der als Verwaltungshandlungen zum Zweck der Errichtung „dieses Gebäudes“ ausdrücklich schon bloße Einreichung eines Antrags auf die Änderung des Bebauungsplans und Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen bezeichnet.
Als grundlegenden Ausgangspunkt für seine Entscheidung beruft sich das NSS-Gericht dann auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, konkret auf das Urteil C-543/11, als der Gerichtshof ein Grundstück, das bereits bebaut war, dessen Gebäude jedoch zum Abriss vorgesehen waren, wobei der Käufer beabsichtigte, auf dem Grundstück einen Neubau zu errichten, als Bauland beurteilte, und zwar in erster Linie auf der Grundlage der Absicht der Parteien, von denen das Grundstück zur Bebauung vorgesehen war. Das Schlüsselkriterium laut NSS ist daher „die Absicht der Vertragsparteien, die betreffenden Grundstücke als zur Bebauung bestimmte Grundstücke, bzw. als Grundstücke, auf denen ein mit dem Erdreich fest verbundenes Bauwerk errichtet werden soll, zu liefern/zu erwerben.“ Das NSS-Gericht beurteilte die Absicht im Streitverfahren im Wesentlichen anhand (i) eines beauftragten Sachverständigengutachtens und einer darin ermittelten Bewertung des Grundstücks, (ii) der Tatsache, dass die Käufer im Zusammenhang mit dem Kauf des Grundstücks einen Vorsteuerabzug geltend machten, (iii) auf der Grundlage, dass der Verkäufer (Beschwerdeführer) eine Bebauungsplaninformation eingeholt hat, die die Bebaubarkeit des Grundstücks bestätigt und (iv) der Tatsache, dass einer der Käufer einen Antrag auf Aufhebung des Bebauungsplans in dem Teil eingereicht hat, der eines der Grundstücke in landwirtschaftlich genutzte Flächen umfasste. Aufgrund dieser Überlegungen kam das NSS-Gericht zu dem Schluss, dass es sich bei den übertragenen Grundstücken angesichts der Mehrwertsteuerzwecke um Baugrundstücke handelte und bei ihrer Übertragung daher Mehrwertsteuer hätte angewendet werden müssen.
Nicht zuletzt weisen wir abschließend darauf hin, dass die betreffenden Bestimmungen des MwSt.-Gesetzes im Zuge der Änderungen mit der ab Januar 2025 geplanten Wirksamkeit novelliert werden sollten. Für etwaige Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.