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| February 11, 2025
Das Oberste Verwaltungsgericht („NSS-Gericht“) erließ Ende 2024 ein Urteil in einem relativ unkonventionellen und umstrittenen Rechtsstreit. In seinem Urteil AZ. 8 Afs 281/2023-53 wurde die Kassationsbeschwerde der Berufungsfinanzdirektion (im Folgenden „Beklagte“) abgewiesen und das Urteil des Bezirksgerichts in Ostrava bestätigt, das die Entscheidung der Beklagten für nicht überprüfbar erklärte. Gegenstand des Streits war die Frage, ob die Einkünfte von Prostituierten der Einkommensteuer unterliegen.
Der Steuerverwalter hat einer natürlichen Einzelperson (der „Klägerin“) die Steuer für den Steuerzeitraum 2012 bis 2014 auf Grundlage der Instrumente nachbemessen, da er zu dem Schluss kam, dass die Klägerin ihre Einkünfte aus der Escort-Tätigkeit nicht versteuert hatte. Die Klägerin wehrte sich allerdings gegen den Beschluss und legte zunächst Berufung gegen den Bescheid und dann eine Klage ein. Sie wandte ein, dass die Besteuerung von Einkünften aus Prostitution Zuhälterei bzw. eine Straftat bzgl. der Ausbeutung der Prostitution gemäß § 189 des Strafgesetzbuches sei. Die Besteuerung stehe zudem im Widerspruch zur New Yorker Konvention, bzw. zum Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung der Prostitution anderer Personen, aus dem Jahr 1951, dem die Tschechische Republik beigetreten sei und an das sie nach Ansicht der Klägerin gebunden sei. Sie untermauerte dieses Argument mit einem Verweis auf Art. 10 der Verfassung, der vorsieht, dass internationale Abkommen im tschechischen Rechtssystem Vorrang haben, wenn sie unmittelbar anwendbar sind.
Die Klägerin führte weiter aus, dass es in der Tschechischen Republik öffentliche Diskussionen darüber gebe, ob Prostitution reguliert und besteuert werden sollte, und diese Diskussionen regelmäßig mit der Schlussfolgerung endeten, dass Prostitution nicht besteuert werden könne. Sie erachtete das Vorgehen der Steuerverwaltung daher als überraschend und als Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes/der legitimen Erwartung.
Den Einwand des Widerspruchs zum New Yorker Übereinkommen hat die Berufungsfinanzdirektion ausschließlich mit der Begründung entschieden, dass das tschechische Einkommensteuergesetz die Besteuerung von Einkünften aus Prostitution nicht ausschließe. Das NSS-Gericht teilte diese Auffassung jedoch nicht und erklärte, dass die Steuerverwaltung zunächst prüfen müsse, ob das New Yorker Übereinkommen die Besteuerung von Einkünften aus Prostitution tatsächlich verbiete und ob das Übereinkommen verfassungsmäßig anwendbar sei. Sollten sich die vorgenannten Annahmen tatsächlich bestätigen, wäre eine Besteuerung nicht möglich.
Auch mit der Aussage der Beklagten zum Einwand der Straftat der Ausbeutung der Prostitution widersprach das NSS-Gericht. Die Angeklagte führte in wenig überzeugender Weise aus, dass Prostitution durch kein Gesetz formal verboten oder erlaubt sei und deshalb nicht als Erträge aus Straftaten angesehen werden könne. Sie hielt die Argumentation der Klägerin für übertrieben und nicht mit der Rechtswirklichkeit vereinbar.
Das NSS-Gericht verwies jedoch auf den wahren Kern des Einwands der Klägerin, dass die Ausbeutungder Prostitution, bzw. das Erzielen finanzieller Vorteile aus der von Anderen ausgeübten Prostitution eine Straftat sei und dass der Staat durch die Besteuerung der Prostitution, die an sich keine Straftat sei, zum Zuhälter würde.
Das NSS-Gericht wies die Kassationsbeschwerde ab und ordnete der Berufungsfinanzdirektion an, die Einwände der Klägerin in einem weiteren Verfahren ordnungsgemäß zu lösen. Das NSS-Gericht betonte, dass die Gerichte allein nicht darüber entscheiden könnten, ob Prostitution der Besteuerung unterliege. Diese Frage muss zunächst durch die Verwaltungsbehörde in einer überprüfbaren Entscheidung geklärt werden.
Die NSS-Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Begründung von Verwaltungsentscheidungen, insbesondere wenn es um kontroverse Rechtsfragen geht. Dieses Urteil eröffnet Raum für weitere Debatten über die Regulierung und Besteuerung der Prostitution in der Tschechischen Republik.