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Roman Burnus | | March 7, 2023
Das Oberste Verwaltungsgericht (nachfolgend „NSS“ genannt) entschied im Urteil 4 Afs 425/2021-40 einen Streit zwischen einer natürlichen Person (im Folgenden als „Kläger“ bezeichnet) und der Finanzberufungsdirektion (im Folgenden „Angeklagte“ genannt), zur Beurteilung der Möglichkeit der Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Steuererklärung aufgrund der einem Steuerberater erteilten Vollmacht, wenn die Steuererklärung bereits zuvor innerhalb der Dreimonatsfrist vom Steuersubjekt selbst abgegeben wurde.
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war das Vorgehen des Klägers, der am 28. März 2018 eine ordnungsgemäße Einkommensteuererklärung natürlicher Personen für den Veranlagungszeitraum 2017 beim Finanzamt abgegeben hat, in der er die Steuerschuld in Höhe von 76 245 CZK berechnet hat, und dann noch am selben Tag eine, einer Steuerberaterin zur Bearbeitung und Abgabe der ESt.-Erklärung erteilte Vollmacht an das Finanzamt übersandt hat. Der Steuerverwalter hat dem Kläger die Steuer nach dem von ihm erklärten Betrag von 76 245 CZK festgesetzt, wobei die Steuerberaterin am 26. Juli 2018 eine weitere ordnungsgemäße Steuererklärung abgegeben hat, in der sie die Steuerschuld in Höhe von 79 890 CZK berechnet hat. Der Steuerverwalter bewertete jedoch die von der Steuerberaterin übermittelte Steuererklärung als zusätzlich/ergänzend, da der Kläger bereits eine ordnungsgemäße Steuererklärung abgegeben hatte. Daraufhin legte der Kläger eine Berufung beim Finanzamt ein, in der er angibt, dass der vom Finanzamt ausgestellte Zahlungsbescheid eine falsche Steuerbemessungsgrundlage, falsche Steuer und ein falsches Datum derer Veranlagung enthalte, da die Frist zur Abgabe der Steuererklärung durch die Erteilung der Vollmacht an die Steuerberaterin und derer Geltendmachung beim Steuerverwalter/FA am 28. März 2018 verlängert worden ist.
Das Urteil des Kreisgerichts deckte sich mit der Auslegung des Klägers, der angibt, maßgeblich ist die rechtzeitige Ausübung der einem Steuerberater vor Ablauf der Dreimonatsfrist erteilten diesbezüglichen Vollmacht gem. § 136 Abs. 1 der Abgabenordnung (im Folgenden „AO“). Die Argumentation des Klägers weist weiter auf § 136 Abs. 2 AO hin, wo die Bedingung, dass die Steuererklärung noch nicht abgegeben wurde, nicht ausdrücklich festgestellt wird - das heißt, die Abgabe der entsprechenden einem Steuerberater erteilten Vollmacht bewirkt die automatische Aktivierung der Sechsmonatsfrist zur Abgabe der Steuererklärung, auch wenn die vom Steuerberater erstellte und eingereichte Steuererklärung in der Folge in Form einer korrigierenden Steuererklärung sein sollte. Aufgrund der Ungenauigkeit der Formulierung in § 136 Abs. 2 AO besteht kein Widerspruch, wenn eine ordnungsgemäße Steuererklärung abgegeben und dann die einem Steuerberater erteilte Vollmacht rechtzeitig geltend gemacht wurde. Bei einem solchen Verfahren zeigt das Steuersubjekt lediglich an, dass es beabsichtigt, die Sechsmonatsfrist zu aktivieren. Nach Ansicht des Kreisgerichts hat der Steuerverwalter rechtswidrig gehandelt, als er die Steuer bereits am 10. April 2018 konkludent festgesetzt und die Berufung des Klägers gegen den Zahlungsbescheid zurückgewiesen hat. Maßgeblich ist dabei laut Kreisgericht in dieser Hinsicht völlig der Wille des Steuersubjekts, den der Steuerverwalter in maximalmöglichem Maß zu respektieren hat.
Die Angeklagte war mit den Schlussfolgerungen des Kreisgerichts nicht einverstanden und reichte eine Kassationsbeschwerde beim Obersten Verwaltungsgericht (NSS) ein. In der veranlagten Kassationsbeschwerde widerspricht das NSS den Feststellungen des Kreisgerichts und stellt fest, dass der Abgabeakt der Steuererklärung durch den Steuerpflichtigen bereits innerhalb der Dreimonatsfrist zur Abgabe der Steuererklärung vollzogen wurde und damit die spätere Einreichung durch den Steuerberater erst innerhalb der Sechsmonatsfrist nicht als ordnungsgemäße Steuererklärung angesehen werden konnte, ab der die Frist zur Abgabe einer Berichtigungs-steuererklärung im Sinne des §138 Abs. 1 AO im entscheidenden Wortlaut, abgeleitet werden könnte.
Wurde jedoch die ordnungsgemäße Steuererklärung bereits innerhalb der 3-Monatsfrist gem. Art § 136 Abs. 1 AO abgegeben, konnte eine Steuerberichtigungserklärung nur bis zu derer Ende (durch das Steuersubjekt oder einen Steuerberater) abgegeben werden, da die in Absatz 2 der Abgabenordnung verankerte 6-Monatsfrist bei Vorliegen anderer Voraussetzungen nur für jene Fälle galt, in denen die Einkommensteuererklärung für den maßgeblichen Besteuerungszeitraum erstmals nach fruchtlosem Ablauf der 3-Monatsfrist abgegeben wurde.
Die Ausübung der einem Steuerberater erteilten Vollmacht zur Steuererklärungsabgabe vor Ablauf der 3-Monatsfrist schützte den Steuerpflichtigen vor Strafzahlungen für verspätete Abgabe einer ordnungsgemäßen Steuererklärung, so dass nicht erforderlich war, die Steuererklärung zuerst innerhalb dieser kürzeren Frist abzugeben und diese nach deren Ablauf durch eine durch einen Steuerberater bearbeitete Steuererklärung zu ersetzen.
Nach Auffassung des NSS-Gerichts führt die Auslegung zu einer eindeutigen Schlussfolgerung über Unmöglichkeit der Bearbeitung und Abgabe einer berichtigten Einkommensteuererklärung natürlicher Personen durch einen Steuerberater innerhalb der 6-Monatsfrist lt. maßgeblicher Fassung § 136 Abs. 2 AO in einer solchen Situation, wenn die Steuererklärung bereits vor Ablauf der 3-Monatsfrist nach Ablauf des Besteuerungszeitraums eingereicht wurde. Daher ist es nicht möglich, unter Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro mitius“ zu folgern, dass ein solches Recht dem Steuersubjekt zustand.
Im vorliegenden Fall ist der Steuerverwalter daher richtig vorgegangen, als er die Steuerschuld des Klägers konkludent anhand der Angaben in der von ihm am 28. 3. 2018 eingereichten Steuererklärung bemessen hat, und die von der Steuerberaterin erstellte Steuererklärung vom 26. 6. 2018 als zusätzliche Steuererklärung in dem Sinne § 141 AO betrachtet hat.
Autor: Roman Burnus, Marek Toráč