Im Zusammenhang mit der Coronavirus-Erkrankung COVID-19 und den eingeführten Krisenmaßnahmen (insbesondere denen, die bestimmte Betriebe, Tätigkeiten und Dienstleistungen verbieten oder einschränken) müssen auch handelsrechtliche Aspekte der jetzigen Situation und die möglichen Folgen der Nichteinhaltung oder der mangelnden Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen und die damit zusammenhängenden Auswirkungen überlegt werden.
COVID-19 in vertraglichen Beziehungen und die Optionen der Vertragsparteien
Höhere Gewalt
- Haftungsausschluss für den Ersatz des durch die Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen entstandenen Schadens (§ 2913 Abs. 2 BGB-cz);
- Es muss nachgewiesen werden, dass ein außergewöhnliches unvorhersehbares und unüberwindliches Hindernis, das unabhängig vom Willen des Schädigers entstanden ist, die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung vorübergehend oder dauerhaft verhindert hat;
- diese Regel wird nicht angewandt, wenn das Hindernis erst zu einem Zeitpunkt entstanden ist, wenn der Schädiger mit der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung bereits in Verzug war;
- Auf eine Vertragsstrafe wegen Verletzung von vertraglichen Verpflichtungen, falls sie vereinbart wurde, wird der Haftungsausschluss nicht angewandt (bei Unangemessenheit der Vertragsstrafe oder bei der Ausübung des Rechts im Widerspruch zu guten Sitten kann der Haftungsausschluss für die Mäßigung oder für die Bestimmung der Ungültigkeit von Bedeutung sein);
- Die Bestimmungen über die höhere Gewalt können auch im Vertrag enthalten sein - der Haftungsausschluss hängt dann von der Formulierung der jeweiligen Vereinbarung ab.
Wesentliche Änderung der Umstände
- Entstehen einer besonders groben Unverhältnismäßigkeit durch die Benachteiligung einer der Vertragsparteien, entweder durch eine unverhältnismäßige Erhöhung der Kosten der Leistung oder durch eine unverhältnismäßige Wertminderung des Leistungsgegenstandes (§ 1765 BGB-cz);
- die betroffene Vertragspartei hat das Recht, die Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen zu fordern, wenn sie nachweist, dass (i) die Änderung vernünftigerweise nicht vorweggenommen oder beeinflusst werden konnte und dass (ii) die Tatsache erst nach Vertragsschluss eingetreten oder bekannt geworden ist;
- eine solche Änderung der Umstände rechtfertigt nicht die Verschiebung der Leistung;
- ein Gericht kann auf Antrag entscheiden, es sei denn, dass die Vertragsparteien nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Änderung des Vertrags vereinbaren: es ändert die Verpflichtung aus dem Vertrag durch die Erneuerung des Gleichgewichts der Rechte und der Verpflichtungen der Parteien, oder es hebt die Verpflichtung auf;
- Wenn ein Vertrag eine Vereinbarung über die Übernahme der Haftung für die Gefahr einer Änderung der Umstände, d. h. den Ausschluss der Anwendung der gesetzlichen Bestimmung über die wesentliche Änderung der Umstände enthält, entsteht kein Anspruch auf die Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen.
Nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung
- Wenn eine Schuld unerfüllbar wird, erlischt die vertragliche Verpflichtung wegen Unmöglichkeit der Erfüllung (§ 2006 BGB-cz);
- Eine Leistung ist nicht schon deswegen unmöglich, wenn die Schuld nur unter erschwerten Bedingungen, zu höheren Kosten, mit Hilfe einer anderen Person oder erst nach einer bestimmten Zeit erfüllt werden kann;
- Die Unmöglichkeit der Leistung ist unverzüglich anzuzeigen, andernfalls entsteht eine Haftung auf Schadensersatz.
COVID-19 in internationalen vertraglichen Beziehungen
Anwendbares Recht
- Bei Verträgen mit einem internationalen Element ist zu bestimmen, welchem Recht welchen Staates diese Verträge unterliegen und welche Möglichkeiten die anwendbare Rechtsordnung daher bietet;
- Nahezu alle Rechtssysteme haben ihre eigenen Vorschriften für die oben genannten Institute, insbesondere für die höhere Gewalt, und diese Institute sollten daher anwendbar sein.
Ausnahmen von der Anwendung des anwendbaren Rechts
- Imperative Normen – Normen von grundlegender Bedeutung, deren Einhaltung für den betreffenden Staat für den Schutz der öffentlichen Interessen von entscheidender Bedeutung ist und die unabhängig vom anwendbaren Recht gelten (z. B. Krisen-, Quarantäne- und andere Sofortmaßnahmen);
- Der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung gilt, wenn die Auswirkungen der Anwendung des ausländischen Rechts die öffentliche Ordnung des betreffenden Staates (z. B. der Schutz der Grundrechte) eindeutig beeinträchtigen würden;
- Außerordentliche epidemiologische Maßnahmen und andere derartige Beschränkungen können der Art dieser Institute anzutreffen sein.
CISG
- Das sog. Wiener Übereinkommen – dieses regelt Verträge über den internationalen Warenkauf zwischen den Unterzeichnerstaaten – 89 Vertragsstaaten;
- Es enthält Bestimmungen über den Haftungsausschluss (Art. 79) – eine Vertragspartei ist nicht für die Nichterfüllung einer Verpflichtung verantwortlich, wenn sie nachweist, dass ein solches Versäumnis durch ein Hindernis verursacht wurde, das nicht von ihrem Willen abhängt und bei dem vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, dass die Vertragspartei damit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses rechnen würde, dieses Hindernis abwehren oder überwinden würde.
Die spezifische Nutzung einzelner Optionen in Vertragsbeziehungen oder die Nutzung anderer Optionen in Bezug auf eine bestimmte Vertragsart hängt stets von der besonderen Situation des jeweiligen Falles ab.
Veronika Odrobinová
Martina Šumavská