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Marie Mandíková | May 21, 2024

Das Oberste Gericht zu Fragen der Nichterfüllung von Anforderungen an die ordnungsgemäße Arbeitsausführung und der Vielzahl von Kündigungsgründen

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Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist einer der häufigsten Rechtsstreite im Bereich der arbeitsrechtlichen Beziehungen. Die Praxis zeigt immer wieder, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer nicht so einfach ist, wie es scheinen könnte. Hält sich der Arbeitgeber nicht strikt an das festgelegte Verfahren und weist nicht nach, dass der behauptete Kündigungsgrund erfüllt ist, kann es sich um eine ungültige Kündigung mit relativ drakonischen Folgen für den Arbeitgeber handeln.

Als die sicherste Wahl scheint es daher zu sein, in der Kündigung alle Verfehlungen des Arbeitnehmers zu schildern und so sicherzustellen, dass die Kündigung gültig ist – vielleicht werden sogar mehrere Kündigungsgründe gleichzeitig vorliegen. Aber ist es wirklich die beste Lösung? Wie werden die Gerichte eine Kündigung beurteilen, wenn die Sachverhaltsdarstellung mehrere Kündigungsgründe erfüllt? Die Antwort auf diese Frage lieferte das Oberste Gericht in seinem jüngsten Urteil AZ. 21 Cdo 3366/2022 vom 21. 12. 2023.

In der betreffenden Entscheidung befasste sich das Oberste Gericht mit dem Fall eines Arbeitnehmers, der als Zentraleinkäufer tätig war und dem der Arbeitgeber am 15. Juli 2019 (unter Bezugnahme auf die Aufforderung zur Mängelbeseitigung vom 21. März 2019) eine Kündigung aus dem in § 52 Buchst. f) des  Arbeitsgesetz-buchs genannten Grund geliefert hat.

Gemäß § 52  Buchst. f) cz-AGB kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigen, wenn der Arbeitnehmer:

  • nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Ausführung der vereinbarten Arbeiten entspricht oder
  • ohne Verschulden des Arbeitgebers die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Ausführung
    dieser Arbeit/en nicht erfüllt.

Beruht die Nichterfüllung der oben genannten Anforderungen jedoch auf unbefriedigenden Arbeitsergebnissen,
ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer zunächst schriftlich zu deren Entfernung aufzufordern und erst dann, wenn der Arbeitnehmer sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist entfernt, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer kündigen.

Im vorliegenden Fall erhielt der Arbeitnehmer später am selben Tag eine weitere Kündigung aus demselben Grund, in der der Arbeitgeber die Beschreibung der Handlungen, in denen er die Erfüllung des genannten Kündigungsgrundes sah, näher präzisierte.

Der Arbeitnehmer wandte sich gegen beide Kündigungen mit einer Klage und beantragte die gerichtliche Feststellung, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam sei, da der Kündigungsgrund nicht hinreichend sachlich umschrieben sei, das behauptete Fehlverhalten nicht hinreichend konkretisiert sei und darüber hinaus die meisten aufgeführten Handlungen einen anderen Kündigungsgrund als den vom Arbeitgeber genannten erfüllen - nämlich den Kündigungsgrund gem. § 52 Buchst. g) des Arbeitsgesetzbuches.

Kündigung gemäß § 52  Buchst. g) (cz-AGB) kann einem Mitarbeiter ausgehändigt werden, wenn:

  • wenn es beim Arbeitnehmer Gründe gibt, aus denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis
    mit dem Arbeitnehmer sofort beenden könnte, oder
  • wenn der Arbeitnehmer in schwerwiegender Weise gegen die Pflichten verstoßen hat,
    die sich aus den gesetzlichen Vorschriften für die von ihm ausgeübte Tätigkeit ergeben.

Bei anhaltenden minderschweren Verstößen gegen diese Pflichten sieht das Gesetz jedoch die Voraussetzung vor, dass der Arbeitnehmer innerhalb der letzten 6 Monate schriftlich über die Möglichkeit einer Kündigung informiert wird.

Das Bezirksgericht wies die Klage ab. Das Kreisgericht bestätigte das negative Urteil.
Und welche Position vertrat das Oberste Gericht?

Das Oberste Gericht stellte zunächst klar, dass die zugestellten Kündigungen als zwei getrennte Rechtshandlungen zu betrachten sind, deren Gültigkeit getrennt geprüft werden muss. Es betonte weiter,
dass zwar die Kündigungsgründe nach den Bestimmungen des § 52  Buchst. f) und g) des Arbeitsgesetzbuches zwei unterschiedliche Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung darstellen, ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sie gleichzeitig vorliegen. Die Tatsachen, die das Vorliegen dieser Gründe bedeuten, können sich gegenseitig überschneiden – das Handeln des Arbeitnehmers kann Merkmale beider Kündigungsgründe, sowohl nach § 52  Buchst. f) als auch nach § 52  Buchst. g) des Arbeitsgesetzbuches erfüllen. Alle Kündigungsgründe sind gleich (d.h. keiner der in § 52 des Arbeitsgesetzbuchs aufgeführten Gründe ist schwerwiegender als der andere), und daher liegt die Wahl der Kündigungsgründe völlig im Ermessen des Arbeitgebers.

Nach der Auslegung des Obersten Gerichts besteht die Unterscheidung zwischen den genannten Kündigungsgründen darin, dass zumindest eine fahrlässige Verletzung von Arbeitspflichten vorliegt, die mit dem Kündigungsgrund gemäß § 52  Buchst. g) des Arbeitsgesetzbuches zusammenhängt. Fehl also überhaupt Verschulden, auch wenn es fahrlässig ist, vor, kommt dieser Grund vom Wesen der Sache her nicht in Betracht, bei Vorliegen anderer rechtlicher Merkmale kann jedoch der Kündigungsgrund nach § 52  Buchst. f) cz-AGB dennoch erfüllt sein.

Wenn der Arbeitgeber jedoch den angegebenen Kündigungsgrund richtig anwendet, kommt es nicht darauf an, ob der in der Kündigung geschilderte Sachverhalt auch die Erfüllung eines anderen Kündigungsgrundes darstellt, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers bereits aufgrund des angeführten Kündigungsgrundes beendet ist. Das Oberste Gericht wies jedoch darauf hin, dass, wenn auf Antrag des Arbeitnehmers ein Verfahren zur Feststellung der Ungültigkeit der Kündigung eingeleitet wird, die Gerichte stets verpflichtet sein werden, jeden der in der Kündigung angeführten Kündigungsgründe gesondert zu prüfen und die Auswirkungen auf die weitere Dauer des Arbeitsverhältnisses gesondert zu beurteilen. Führt einer dieser Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verlieren die anderen Gründe ihre Relevanz.

Das Oberste Gericht lehnte mit seiner Entscheidung eindeutig den Formalismus ab, der automatisch zur Ungültigkeit von Kündigungen führen würde, die eine Sachverhaltsbeschreibung enthalten, die mehrere Kündigungsgründe erfüllt, wenn der Arbeitgeber nur einen davon anwendet. Dennoch ist es für den Arbeitgeber wünschenswert, die maßgeblichen Tatsachen und den mit diesen Tatsachen gefüllten Kündigungsgrund jeweils sorgfältig und eindeutig anzugeben, da nur so mögliche Unannehmlichkeiten einer unwirksamen Kündigung mit Sicherheit vermieden werden können.

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