Jana Shumakova | 12.11.2024
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Daniela Riegel | May 16, 2019
Im Februar dieses Jahres hat der EuGH zwei Urteile, die sechs ähnliche Rechtssachen betreffen, erlassen. Infolge des Zusammenhangs der vier Rechtssachen C-115/16, C-118/16, C-119/16 und C-299/16, die die Auslegung der Richtlinie 2003/49/EG im Hinblick auf die Besteuerung von Zinsen und Lizenzgebühren in Dänemark betrafen, wurden sie zusammen verhandelt. Zusammen wurden auch die zwei restlichen Rechtssachen C-116/16 und C-117/16, die die Auslegung der Richtlinie 90/435/EWG des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, im Hinblick auf die Anerkennung der Befreiung von der Besteuerung der Dividenden in Dänemark verhandelt.
In vier verschiedenen Fällen haben drei dänische und eine luxemburgische Gesellschaft im Rahmen ihrer Holdingstrukturen Strukturen gebildet, bei denen sie bei der Auszahlung von Zinsen die Befreiung der auszuzahlenden Zinsen von der Quellensteuer geltend machten, und zwar trotz der Meinung der dänischen Steuerverwaltung, nach der diese Gesellschaften keine Nutzungsberechtigten dieser Zinsen waren und diese Einnahmen durch sie lediglich zu den Investoren flossen.
Der EuGH hat zum Begriff „Nutzungsberechtigter“ der Zinsen angeführt, dass dieser ein Unternehmen bezeichnet, das ein Nutzen von den Zinsen, die ihm ausgezahlt wurden, hat und dass eine Gesellschaft des Mitgliedstaates als Nutzungsberechtigter dann behandelt wird, wenn sie die Zinsen für sich selbst annimmt und nicht als Vermittler (z.B. Vertreter, Treuhänder, Bevollmächtigter) und wenn sie frei bestimmen kann, wie diese genutzt werden. Für die Zwecke der Befreiung gemäß der Richtlinie 2003/49/EG ist der Nutzungsberechtigte lediglich ein in der Europäischen Union ansässiges Unternehmen. Für die Auslegung dieser Richtlinie ist der Begriff „Nutzungsberechtigter“ relevant, der in den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung angeführt ist.
Darüber hinaus hat sich der EuGH damit befasst, ob es notwendig sei, dass das inländische Recht Bestimmungen zum Missbrauch der Steuersysteme enthält (die dänische Rechtsordnung enthielt vor 2015 diese Bestimmung nicht). Im EU-Recht gibt es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem sich Rechtsträger nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf das EU-Recht berufen dürfen. Dieser Grundsatz muss nach dem EuGH in dem Sinne ausgelegt werden, dass die inländischen Behörden oder Gerichte verpflichtet sind, den Anspruch des Steuerzahlers auf die Befreiung von Zinssteuern gemäß der Richtlinie 2003/49/EG abzulehnen, und zwar auch dann, wenn das inländische Recht oder das jeweilige steuerliche Abkommen diese Bestimmung nicht enthält.
Der EuGH versuchte weiter, die Merkmale des Rechtsmissbrauchs zu definieren. Er führt an, dass als eine künstliche Steuergestaltung eine Gruppe von Gesellschaften betrachtet werden kann, die nicht für die Zwecke der Abbildung der wirtschaftlichen Realität gegründet wurde, sondern eine rein formale Struktur hat und ihr Hauptziel (oder eines der Hauptziele) es ist, einen steuerlichen Vorteil zu gewinnen, der im Widerspruch zum Gegenstand/Zweck der jeweiligen steuerlichen Rechtsregelung ist. In diesem Zusammenhang führt der EuGH die möglichen Merkmale der künstlichen Steuergestaltung an, zu denen z.B. folgendes gehört: das Bestehen der Durchleitungsgesellschaft, die keinen wirtschaftlichen Zweck hat, eine rein formale Struktur der Gruppe von Gesellschaften, finanzielle Gestaltungen usw.
Der EuGH erklärte in diesem Zusammenhang auch, dass die inländischen Behörden zur Ablehnung der Anerkennung der Gesellschaft als Nutzungsberechtigten der Zinsen oder zum Nachweisen des Rechtsmissbrauchs das Unternehmen, das sie für den Nutzungsberechtigten dieser Zinsen halten, nicht identifizieren müssen.
Im Falle einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (SCA), die als Gesellschaft, die in Risikokapital investiert (SICAR), gemäß dem luxemburgischen Recht anerkannt wurde, muss das dänische Gericht überprüfen, ob die Zinsen, die an diese Gesellschaft ausgezahlt wurden, von der Körperschaftsteuer in Luxemburg befreit wurden. Wenn ja, dann können diese Zinsen von der Quellensteuer bei der Auszahlung nicht befreit werden.
Hier hat der EuGH zwei Rechtssachen zusammen verhandelt. In der ersten Rechtssache haben fünf Kapitalfonds, von denen keiner in der EU oder in einem Land ansässig war, mit dem Dänemark ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hätte, eine Gruppe in Europa gebildet, die aus mehreren Gesellschaften bestand und die eine bedeutende dänische Dienstleistungsgesellschaft zu kaufen beabsichtigte, wobei die Muttergesellschaft des dänischen Dienstleisters ihren Sitz in Luxemburg hatte. Es handelte sich um dieselbe Gruppe von Gesellschaften wie in der Rechtssache C-115/16, die die Besteuerung von Zinsen betraf - siehe oben. An diesem Fall ist interessant, dass auch die dänische Steuerverwaltung angesichts ihrer Lösung nicht einig war. Die luxemburgische Steuerverwaltung stellte an die luxemburgische Muttergesellschaft ein Zertifikat über die steuerliche Ansässigkeit aus, in dem sie gleichzeitig bestätigte, dass die Muttergesellschaft der Körperschaftssteuer unterlag und dass sie der Nutzungsberechtigte der Dividenden war, und die dänische Gesellschaft, die die Dividenden auszahlte, reichte einen Antrag auf die verbindliche Beurteilung ein, in dem sie fragte, ob die an die luxemburgische Muttergesellschaft ausgezahlten Dividenden von der Steuer befreit sind. Der dänische Steuerrat hat in seiner verbindlichen Beurteilung angeführt, dass die so ausgezahlten Dividenden von der Steuer nicht befreit werden können. Die dänische Tochtergesellschaft hat eine Berufung eingereicht, und die inländische Berufungssteuerbehörde war der gegenteiligen Meinung, und zwar dass die Dividenden von der Steuer befreit werden können. Das dänische Finanzministerium widersprach diesem Beschluss, und der Fall wurde zum Schluss vor dem EuGH verhandelt. Im zweiten Fall handelte es sich um eine in den USA gegründete Gruppe, die Tochtergesellschaften weltweit, darunter auf Bermuda, besaß. Beide Fälle hatten einen gemeinsamen Nenner. Die Gruppen von Gesellschaften, die die Bedingungen für die Befreiung der Dividenden von der Besteuerung gemäß der Richtlinie 90/435/EWG nicht erfüllten, bildeten zwischen der Gesellschaft, die die Dividenden auszahlte, und dem Unternehmen, das nutzungsberechtigt war, eine oder mehrere künstlichen Gesellschaften, die formale Bedingungen für die Befreiung gemäß dieser Richtlinie erfüllten. In dem Fall ging es im Grunde wieder um das Thema des Rechtsmissbrauchs und um die Definition des „Nutzungsberechtigten“.
Der EuGH äußerte sich in diesem Fall zum Begriff „Nutzungsberechtigter“ nicht. Daher können wir nur vermuten, ob die Nutzungsberechtigung im Falle der Richtlinie 90/435 EWG (Dividenden) und im Falle der Richtlinie 2003/49/EG (Lizenzgebühren und Zinsen) angesichts des oben genannten Urteils ähnlich ausgelegt werden kann.
Beim Thema des Rechtsmissbrauchs fasste der EuGH im Grunde im Urteil dieselbe Schlussfolgerung wie im Urteil über die Befreiung der Zinsen - siehe oben. Der EuGH führte unter anderem an, dass das Ziel der Richtlinie 90/435/EWG die Vereinfachung der Gruppenbildung der Gesellschaften in der EU mittels der Festlegung von steuerlichen Regeln, die wettbewerbsneutral sind, war, sodass sie ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern könnten. Dem Ziel entspricht jedoch nicht die Bildung der Steuergestaltungen lediglich zum Zweck der steuerlichen Vorteile, die sich aus dieser Richtlinie ergeben.
Es ist eine Frage, welche Auswirkungen die genannten Urteile auf die Entscheidungen der tschechischen Gerichte in ähnlichen Rechtssachen haben werden. Allerdings hat sich der Begriff „Nutzungsberechtigter“ für steuerliche Zwecke wieder einigermaßen geklärt. Bei Ihrem Interesse an diesem Thema können Sie sich an uns wenden.
Daniela Riegel & Štěpán Osička