GT News

Steuern, Buchhaltung, Recht und mehr. Alle wichtigen Neuigkeiten für Ihr Unternehmen.

| February 16, 2022

Digital Factory

Teile den Artikel

Eines der grundlegenden Probleme heutiger Industrieunternehmen ist und wird auch sein die Zunahme von Anzahl und Geschwindigkeit der Veränderungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld. Verstärkt wird dies dadurch, dass der menschliche Faktor mit seiner Erfahrung, andererseits aber auch durch Langsamkeit, Ermüdung, eingeschränkte Wahrnehmung, Prokrastination usw. in Entscheidungsprozesse eintritt. Unternehmen versuchen, den Stress, die Ineffizienz und die wirtschaftlichen Verluste zu minimieren. Historisch gesehen gibt es eine Reihe von Lösungsansätzen. Aber alle diese Methoden haben eines gemeinsam. Sie beseitigen nicht die Instabilität des schwächsten Gliedes = des Menschen. Stress und Chaos werden dadurch vertieft, dass man gezwungen ist, zwei unterschiedliche Phänomene, digitale und physische Technologien, zu kombinieren. Dies führt zu Fehlern oder zumindest zu Zeitverlusten.

Bei der Digitalisierung von Firmenprozessen geht es also nicht darum, Kosten für Papier und Tinte einzusparen oder Arbeit beim Erfassen von Eingangsrechnungen in das System einzusparen oder einen Teil der fehlenden Arbeitskräfte durch einen kollaborativen Roboter zu ersetzen. Es geht darum, wie Menschen mit ihrer Umgebung kommunizieren. Bei der Digitalisierung geht es darum, einen ausreichenden Datensatz zu erhalten und seine Umwandlung in relevante Informationen nach Möglichkeit zu automatisieren.

Daher wurde eine weitere, konzeptionell neue Vision des Prozessmanagements in Unternehmen geschaffen, die einem Menschen natürlich nicht das Entscheidungsrecht entzieht, sondern seine Sinne verbessern und ihn somit beschleunigen will, indem er nicht nur Informationen über die Realität, sondern vor allem über erwartete Entwicklung präsentiert und kausale Lösungsalternativen anbietet. Wir nennen das digitale Transformation – den Übergang von einem Zustand, in dem Produkte primär durch physische, von Menschen gesteuerte Maschinen realisiert werden, zu einem Zustand, in dem Produktionsprozesse algorithmisiert sind und die Produktion auf der Grundlage algorithmischer Datenverarbeitung erfolgt. Die Lösung ist vergleichbar mit einem Sporttester, der auf Ihre optimale Leistung kalibriert ist und Sie vorab auf Risiken hinweist, die Sie vielleicht noch gar nicht spüren. Es zwingt Sie, keine Fehler zu machen, und gibt Ihnen Zeit für eine nachdenkliche Reaktion. Dieses Phänomen heißt Industrie 4.0

Das Ergebnis ist ein virtuelles Modell des Unternehmens, das wir Digital Factory nennen. Wird es in einer physischen Fabrik geplant und anschließend der Ist-Zustand nur zu ausgewählten Zeitpunkten überwacht, dann ist die digitale Fabrik eigentlich ein Avatar, der das Leben seines physischen Doppelgängers lebt. Aber dieses digitale Duplikat arbeitet mit einem viel größeren Datensatz. Es verwendet auch Daten, die in einem Standardunternehmen zwar gesammelt werden, aber aus Sicht der Nutzung von Informationen in ERP als unbedeutend scheinen. Über diesen vollständigen Daten werden in der digitalen Fabrik mithilfe der Algorithmen der künstlichen Intelligenz Verknüpfungen „Symptom, Ursache, Auswirkung“ erstellt. Diese Verknüpfungen werden dann zum Management/ Verwaltung von Unternehmen verwendet. Der Effekt ist, dass aufgrund der Prognose künftiger Entwicklung Abweichungen der Realität von der beabsichtigten Planung minimiert werden können. Dadurch werden unproduktive Zeitverluste reduziert. Das Volumen des produzierten Produkts steigt, der realisierte Verkaufserlös steigt und gleichzeitig zerkleinern die Fixkosten.
Noch toller ist, dass die Bereitstellung einer digitalen Fabrik keine grundsätzlichen Prozess- sowie andere Änderungen erfordert. Die digitale Fabrik ist ein nützlicher paralleler Spiegel, kein festsitzender Parasit in der Unternehmenssteuerung.

Der Übergang zu diesem neuen Konzept sollte schrittweise erfolgen und den Grundprozessen des Unternehmens folgen. Im ersten Schritt soll es um die Dimensionen Planung und Sicherung von Kapazitäten (Menschen und Maschinen), Überwachung der Materialverfügbarkeit und -bewegung sowie Überwachung des Zustands von Produktionsmitteln (prädiktive Instandhaltung) gehen. Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, sich auf die Stammdaten und schließlich auf die unterstützenden Prozesse des Unternehmens zu konzentrieren. 
Gleichzeitig beginnen die Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz die Situation in einem anderen Unternehmensbereich, im Beratungsbereich, zu verändern. Hier entsteht ein neues Sachverständigenfeld, auf das auch große Marktteilnehmer ansprechen. Es entstehen neue Partnerschaften und Vereinigungen, in denen selbst große Beratungsunternehmen oft mit neu entstehenden Spezialisten für künstliche Intelligenz zusammenarbeiten. Ein Beispiel dafür ist das Beratungsunternehmen Grant Thornton, das im Bereich Digitalisierung und Nutzung künstlicher Intelligenz mit einer relativ jungen Gesellschaft Cerebrica zusammenarbeitet.

Petr Horák
Manager | Advisory, Business Risk Services
T +420 604 513 426
E petr.horak@cz.gt.com