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Veronika Odrobinová | Tatiana Rabinovich | December 5, 2023
Eine der am meisten erwarteten Änderungen in der Novelle des Arbeitsgesetzbuchs ist die gesetzliche Verankerung der Praxis der elektronischen Vertragsabwicklung bzw. des Vertragsabschlusses. Diese Innovation werden vor allem Arbeitgeber im IT-Bereich zu schätzen wissen, wo Fernarbeit heutzutage weit verbreitet ist, einschließlich der sog. „full remote -Arbeit“, bei der sich einige Arbeitnehmer und Arbeitgeber nie physisch treffen. Der nachbezeichnete Fragen-Antworten-Artikel führt Sie umfassend durch die Problematik des elektronischen Vertragsabschlusses durch – und Sie erfahren von nun an, wie Sie einen Arbeitsvertrag beispielsweise über das soziale Netzwerk „LinkedIn“ abschließen können.
Die Bestimmung von § 21 des Arbeitsgesetzbuchs über den elektronischen Abschluss von Verträgen sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, einen Arbeitsvertrag, eine Arbeitsvereinbarung („DPP“) bzw. eine Arbeitstätigkeitsvereinbarung („DPČ“), Vereinbarungen über deren Änderung oder über die Beendigung der von ihnen begründeten arbeitsrechtlichen Verhältnisse elektronisch abzuschließen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel für den Abschluss sonstiger arbeitsrechtlicher Verträge nicht möglich wäre.
Mit der oben genannten Bestimmung werden zusätzliche Regeln zum Schutz der Arbeitnehmer beim Abschluss der grundlegenden Arbeitsverträge eingeführt. Was andere im Arbeitsgesetzbuch geregelte Verträge betrifft (darunter bspw. eine Vereinbarung über Fernarbeit, eine Vereinbarung über Einkommensabzüge, eine Vereinbarung über die Verantwortung für anvertraute Werte usw.), gilt dabei der Grundsatz der Vertragsfreiheit: auch diese Verträge können elektronisch abgeschlossen werden und das Arbeitsgesetzbuch sieht für deren Abschluss keine zusätzlichen Formalitäten vor.
Der Gesetzgeber hat es den Vertragsparteien freigestellt, welche elektronischen Kommunikationsmittel sie für den Vertragsschluss nutzen. So kommen eine Datenbox oder E-Mail, aber auch innovativere Mittel wie soziale Netzwerke, Applikationen zur elektronischen Kommunikation oder recruitment-Portale in Betracht.
Das Gesetz regelt die Frage der Unterzeichnung nicht. Theoretisch können sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber eine einfache elektronische Signatur verwenden. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlen wir den Arbeitnehmern und Arbeitgebern jedoch dennoch, zumindest eine garantierte elektronische Signatur zu verwenden, sofern der Vertragspartner über eine solche verfügt.
Im Falle des elektronischen Abschlusses eines Arbeitsvertrags, einer DPP- oder DPČ-Vereinbarung, der Vereinbarungen über deren Änderung oder über die Beendigung der von diesen Unterlagen begründeten Arbeitsverhältnisse, wird mit der Gesetzesänderung eine zusätzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber eingeführt, dem Arbeitnehmer eine Ausfertigung des abgeschlossenen Vertrags an die elektronische Adresse des Arbeitnehmers zu übersenden. Dabei muss es sich um eine Privatadresse des Arbeitnehmers (E-Mail oder z.B. Cloud-Speicher) handeln, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zu diesen Zwecken schriftlich mitgeteilt hat.
Ob es zur Einhaltung der oben genannten Anforderung ausreicht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den abgeschlossenen Vertrag zum Download, z.B. über das elektronische Portal des Arbeitgebers zur Verfügung stellt , wird die Gerichtspraxis zeigen. Allerdings geht aus dem Gesetzestext hervor, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich eher konservativ war und diese relativ weit verbreitete Praxis von recruitment/HR-Portalen nicht berücksichtigt hat.
Der Arbeitnehmer kann von einem Arbeitsvertrag, einer DPP-/DPČ-Vereinbarung oder der Vereinbarung zu deren Änderung innerhalb von 7 Tagen ab dem Datum der Zustellung deren Kopie an die E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers schriftlich zurücktreten. Der Arbeitnehmer kann daher dieses Recht jederzeit ausüben, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zustellung dieses Vertrags an die elektronische Adresse des Arbeitnehmers nicht nachgekommen ist.
Das Rücktrittsrecht erlischt mit dem Tag, an dem der Arbeitnehmer mit der Leistungserbringung gemäß dem abgeschlossenen Vertrag begonnen hat, d.h. mit dem Tag des Arbeitsbeginns oder mit dem Tag, an dem der Arbeitnehmer mit der Leistungserbringung gemäß einem Vertragsnachtrag begonnen hat.