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Funktionsüberschneidung und Insolvenz des Arbeitgebers laut EU-Gerichtshof (EuGH)

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In die relativ turbulente Entwicklung bezüglich der Möglichkeit der Funktionsüberschneidung von einem Arbeitsverhältnis und der Funktion eines Mitglieds des satzungsmäßigen Organs hat zuletzt auch der EU-Gerichtshof (EuGH) eingegriffen, aus relativ unerwarteter Seite - in Bezug auf den Schutz der Arbeitnehmer vor Insolvenz des Arbeitgebers. Und was ist eigentlich passiert?

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer Vorstandsvorsitzender und gleichzeitig Direktor einer Gesellschaft. Der Beschwerdeführer war jedoch in keiner Weise (finanziell oder persönlich) mit den Aktionären des Unternehmens verbunden. Im Laufe des Jahres 2018 wurde das genannte Unternehmen insolvent und hatte somit keine Mittel für die Lohnzahlung mehr. Der Beschwerdeführer beantragte daher beim Arbeitsamt die Zahlung von Lohnforderungen für die Monate Juli bis September 2018 gemäß Gesetz Nr. 118/2000 Slg., zum Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers. Das Arbeitsamt lehnte jedoch den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, er könne nicht als Arbeitnehmer qualifiziert werden, da er gleichzeitig Vorstandsvorsitzender und Direktor des Unternehmens sei. In diesen beiden Positionen übte er die gleiche Tätigkeit aus, die auch die Geschäftsführung des Unternehmens umfasste. Nach der ständigen Rechtsprechung der tschechischen Gerichte kann in einer solchen Situation kein Arbeitsverhältnis zwischen einem Unternehmen und seinem satzungsgemäßen Organ entstehen.

Auch die Klage des Beschwerdeführers vor dem Stadtgericht Prag wurde abgewiesen, da auch das Gericht zu dem Schluss kam, dass der Beschwerdeführer die gleiche Tätigkeit gleichzeitig in den Funktionen des Direktors und des Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft ausübte, und dass es daher keine Beschäftigung gab/kein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung argumentierte das Gericht, dass aufgrund der Ausübung derselben Tätigkeit kein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Unternehmen bestehe und der Beschwerdeführer nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes Nr. 118/2000 Slg. betrachtet werden kann. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin eine Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des Stadtgerichts Prag.

In Hinblick darauf, dass der vor dem EU-Gerichtshof unter C-101/21 geführte Fall dem EU-Recht, nämlich der Richtlinie 2008/94/EG, zum Schutz der Arbeitnehmer bei Insolvenz des Arbeitgebers, unterliegt, hat das Oberste Verwaltungsgericht eine Vorfrage vorgelegt, ob die von der tschechischen Rechtsprechung abgeleitete Definition des „Arbeitnehmers“ nicht zu restriktiv ist und somit nicht dem EU-Recht widerspricht.

Die genannte Richtlinie 2008/94/EG erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts eines Arbeitnehmers abzulehnen oder einzuschränken, wenn der Arbeitnehmer allein oder mit seinen nahen Verwandten einen wesentlichen Teil des Unternehmens des Arbeitgebers besaß und einen erheblichen Einfluss auf das Unternehmen hatte, was möglicherweise der Fall ist, dass er in der Folge für die Insolvenz des Unternehmens teilweise oder vollkommen mitverantwortlich sein kann. Die angegebenen Bedingungen gelten kumulativ.

In dem von uns beschriebenen Fall gibt es jedoch keine Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahme von der Richtlinie 2008/94/EG bzw. die Bedingungen sind nicht erfüllt und der EU-Gerichtshof ist somit zum Schluss gekommen, dass die nationale Rechtsprechung, wonach eine Person, die auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags gleichzeitig als Direktor und als Mitglied des satzungsmäßigen Organs einer Gesellschaft tätig ist, nicht als Arbeitnehmer qualifiziert werden kann, gegen die Richtlinie 2008/94/EG verstößt. 

Aus der Entscheidung des EuGH kann somit geschlossen werden, dass der Begriff „Arbeitnehmer“ nach Gesetz Nr. 118/2000 Slg. künftig breiter auszulegen ist. Somit wird es möglich sein, einen Arbeitnehmer, der gleichzeitig auch die Funktion des satzungsmäßigen Organs der Gesellschaft wahrnimmt, unter diesen Begriff einzubeziehen, sofern die Ausnahme von der Richtlinie 2008/94/EG wegen seiner Beziehung zur Gesellschaft nicht auf ihn zutrifft. 

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Autor: Jessica Vaculíková, Veronika Odrobinová

 

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