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| October 8, 2024
Die Teilung einer Gesellschaft (oder Genossenschaft) ist neben der Fusion, der Vermögensübertragung auf einen Gesellschafter und der Änderung der Rechtsform eine der Möglichkeiten zur Umwandlung der Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 125/2008 Slg. (im Folgenden „Umwandlungsgesetz“). Je nach Art der Teilung unterscheidet man drei Grundarten der Teilung, nämlich Teilung durch Abspaltung, Teilung durch Spaltung und Teilung durch Ausgliederung. Bei der Teilung durch Abspaltung wird die Firma „B“ von der bereits bestehenden Firma „A“ abgetrennt und somit wird eine neue Firma neben der bereits bestehenden Firma entstehen. Wenn das bestehende Unternehmen „A“ erlischt und an seiner Stelle zwei neue Unternehmen „B“ und „C“ entstehen, handelt es sich um eine Teilung durch Spaltung. Im letztgenannten Fall sieht das Umwandlungsgesetz die Möglichkeit der Ausgliederung eines Teils des Vermögens der Gesellschaft „A“ in eine bereits bestehende oder neu gegründete Nachfolgegesellschaft „B“ vor, auf deren Grundlage die geteilte Gesellschaft Gesellschafter der Nachfolgegesellschaft wird.
Die Spaltung eines bestimmten Unternehmens hat zur Folge, dass es zu einer Vermögensübertragung vom zu spaltenden Unternehmen auf das Nachfolgeunternehmen kommt. Neben Vermögenswerten (Aktiva) werden auch Verbindlichkeiten (Passiva) einschließlich Schulden auf das Nachfolgeunternehmen übertragen. Daraus ergibt sich eine mögliche Gefährdung der Gläubiger, denn ohne deren Zustimmung kann es zu einer Veränderung in der Person des Schuldners kommen, die mit der Gefahr einer Verschlechterung der Stellung des Gläubigers verbunden ist. Aus diesem Grund regelt das Umwandlungsgesetz das Institut der gesetzlichen Haftung der beteiligten Gesellschaften, deren Zweck es ist, die Einbringlichkeit der Gläubigerforderungen auch nach der Durchführung der Umwandlung sicherzustellen.
Konkret heißt es in § 257 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes, dass bei einer Unternehmensspaltung jede der Nachfolgegesellschaften für die Schulden haftet, die infolge der Spaltung von der untergegangenen oder geteilten Gesellschaft auf die anderen Nachfolgegesellschaften übertragen wurden oder bei der Abspaltung oder Ausgliederung der gespaltenen Gesellschaft geblieben sind, und dies gesamtschuldnerisch mit den anderen Nachfolgegesellschaften bis zur Höhe der Vermögenswerte, die ihr nach dem in einem Sachverständigengutachten angegebenen Spaltungsprojekt hätte übertragen werden sollen.
Was aber, wenn die Schulden erst zu dem Zeitpunkt entstehen, zu dem das jeweilige Unternehmen bereits nicht mehr existiert?
Die italienische Gesellschaft SNIA verursachte im Zusammenhang mit den über seine Tochtergesellschaften im Chemiesektor ausgeübten Tätigkeiten Umweltschäden. Das italienische Umweltministerium reichte eine Klage gegen das besagte Unternehmen ein. Auf dieser Grundlage wurde die Gesellschaft SNIA für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von fast 500 000 000 EUR verurteilt. Allerdings wurde die Gesellschaft SNIA in der Zeit zwischen der Einreichung der Klage und der Urteilsverkündung in Gesellschaften SNIA und LivaNova aufgespalten.
Die italienischen Gerichte begannen sich daher mit der Frage zu befassen, ob in den Verbindlichkeiten (Passiva), die auf die Nachfolgegesellschaft übergehen, neben Verbindlichkeiten mit einer bestimmten Laufzeit und in einer bestimmten Höhe, über deren Art und Bestehen kein Zweifel besteht, auch Verbindlichkeiten einbezogen werden können, die unbestimmt sind oder noch nicht existieren. Vorausgesetzt, das gegebene Problem beruht auf Artikel 3 Abs. 3 Buchst. b) der sechsten Richtlinie 82/891(im Folgenden „Richtlinie“ genannt), haben die italienischen Behörden dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „EuGH“) eine Vorfrage vorgelegt.
Der Kern der Vorfrage des vorlegenden Gerichts bestand darin, ob die Bestimmung der Richtlinie in dem Sinne auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung verankerte Regelung bzgl. der gesamtschuldnerischen Haftung der Nachfolgegesellschaften nicht nur für Verbindlichkeiten bestimmter Art, sondern auch für Verbindlichkeiten unbestimmter Art gilt, wie zum Beispiel für Sanierungskosten und Schäden, die nach der betreffenden Spaltung festgestellt, bewertet oder konsolidiert wurden und die aus dem Handeln der gespaltenen Gesellschaft resultieren.
Generell muss ein Spaltungsvorhaben/-projekt unter anderem auch eine genaue Beschreibung und Aufteilung der auf die einzelnen Nachfolgegesellschaften zu übertragenden Vermögenswerte und Schulden enthalten. Daraus folgt, dass die zu übertragenden Passiva bereits vor der betreffenden Spaltung entstehen müssen. Allerdings stellte der EuGH fest, dass bei Sanierungskosten und Schadensersatz die Regelung so auszulegen sei, dass die rechtswidrige Handlung oder Tatsache, die zur Entstehung des Schadens führte, vor dem Zeitpunkt der Teilung eingetreten sei, und nicht so, dass der besagte Schaden zu diesem Zeitpunkt festgestellt bzw. beziffert wurde. Nach der Entscheidung des EuGH haftet daher im konkreten Fall die Gesellschaft LivaNova bis zur Höhe ihres vom Sachverständigen im Rahmen der Spaltung ermittelten Vermögens, und zwar für den von der Gesellschaft SNIA verursachten Schaden, da die Entscheidung über Schadensersatz bzw. Sanierung erst nach der Teilung erfolgte.
Der EuGH argumentierte, dass - wenn eine solche Auslegung des Begriffs „Verbindlichkeiten/Passiva“ im Sinne von Artikel 3 Abs. 3 Buchst. b) der Richtlinie nicht angenommen würde - die Spaltung für das Unternehmen eine Möglichkeit sein könnte, wie die Folgen der rechtswidrigen, seinerseits begangenen Handlungen auf Kosten Dritter zu vermeiden. Zu diesem Zweck wäre es nämlich ausreichend, wenn das betreffende Unternehmen die Spaltung vornimmt, bevor es die Sanierungskosten und Schäden beziffert, die sich aus den vor dieser Spaltung durchgeführten Maßnahmen ergeben würden. Ziel der Richtlinie ist es jedoch gerade zu verhindern, dass sich das Unternehmen durch die Spaltung seinen Verpflichtungen gegenüber beteiligten Parteien entzieht.