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Adam SImota | | March 25, 2025
Die Richtlinie der Europäischen Union zur Gewährleistung eines Geschlechtergleichgewichts bzw. ausgewogeneren Geschlechterverhältnisses in Leitungs- und Aufsichtsorganen der Unternehmen (nachfolgend „Richtlinie“) stellt einen der bedeutendsten Regulierungsversuche dar, um dem Geschlechterungleichgewicht in der Unternehmensführung entgegenzuwirken. Ziel ist es, den Frauenanteil auf den höchsten Ebenen der unternehmerischen Entscheidungsfindung in den EU-Mitgliedsstaaten zu erhöhen. Nachdem die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit hatten, die Richtlinie umzusetzen, tritt sie nun in Kraft.
Die Notwendigkeit, Frauen in den Spitzenpositionen der betreffenden Unternehmen zu vertreten, ergibt sich aus dem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der Zahl der Hochschulabsolventeninnen in der EU und der Zahl der Frauen in den Leitungs- und Aufsichtsorganen. Einer Studie des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zufolge, sind Frauen etwa 60 % der Hochschulabsolventen in der EU. In Spitzenpositionen stellen jedoch Frauen lediglich 31,5 % aller Mitglieder von Leitungs- und Aufsichtsorganen und nur 8 % der Vorsitzenden dieser Organe sind Frauen.
Die formell im Jahr 2022 verabschiedete Richtlinie schreibt vor, dass mindestens 40 % der Positionen der Aufsichtsratsmitglieder und nicht geschäftsführenden Vorstandsmitglieder oder mindestens 33 % aller Mitglieder eines Unternehmensorgans mit Personen des unterrepräsentierten Geschlechts besetzt sein müssen. Die Verpflichtung betrifft nur börsennotierte Unternehmen, d.h. solche, deren Sitz sich in einem EU-Mitgliedstaat befindet und deren Aktien zum Handel auf einem geregelten Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind. Darüber hinaus sind börsennotierte Unternehmen nicht betroffen, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen und deren Jahresumsatz 50 Millionen EUR bzw. deren gesamte Jahresbilanzsumme 43 Millionen EUR nicht übersteigt.
Diese Unternehmen müssen faire und transparente Verfahren für die Wahl und Ernennung der Mitglieder der entsprechenden Organe einführen, die auf einer vergleichenden Bewertung der einzelnen Kandidaten auf der Grundlage klarer und neutral formulierter Kriterien beruhen. Qualifikation und Leistung bleiben auch weiterhin die entscheidenden Kriterien. Bei gleicher Qualifikation werden jedoch Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts bevorzugt, es sei denn, eine objektive Beurteilung ergibt einen Vorteil gegenüber einem Bewerber des anderen Geschlechts.
Die Richtlinie enthält Transparenzanforderungen, die Unternehmen dazu verpflichten, jährlich über die Geschlechterzusammensetzung ihrer Organe und die Maßnahmen zur Erreichung der angestrebten Ziele zu berichten. Unternehmen, die ihre Ziele nicht erreichen, müssen die Gründe dafür darlegen und die Schritte beschreiben, die sie unternehmen, um das Ungleichgewicht zu beheben.
Damit die Richtlinie auch in der Tschechischen Republik wirksam wird, muss ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie verabschiedet werden. Und obwohl die Frist zur Verabschiedung dieses Gesetzes – oder vielmehr einer Gesetzesänderung – bereits abgelaufen ist, wartet die Gesetzesänderung noch immer auf die Verabschiedung durch die Abgeordnetenkammer. Unternehmen sollten die Anforderungen der Richtlinie bis Mitte des Jahres 2026 erfüllen.
Die Autoren der Richtlinie erwarten, dass sich dadurch der Frauenanteil in den Unternehmensorganen EU-weit deutlich erhöhen wird. Von EU-Institutionen zitierte Studien zeigen, dass vielfältigere Vorstände zu besseren Entscheidungen, mehr Innovation und besseren finanziellen Ergebnissen führen können.
Zwar sind noch einige Fragen zur Umsetzung unbeantwortet, doch ist klar, dass die Richtlinie das Potenzial hat, die Dynamik der Geschlechtergleichstellung in europäischen Unternehmen grundlegend zu verändern und ein Modell für ähnliche Bemühungen auf der ganzen Welt zu bieten.