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Richard Knobloch | May 21, 2024

GT-Urteil: Erfüllt die Beschränkung für den Vorsteuerabzug bei Autos den Konsolidierungszweck?

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Mit Wirkung ab 1. Januar 2024 gilt eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs beim Kauf von Personenkraftwagen, nämlich für Personenkraftwagen der Kategorie M1, also für Kraftfahrzeuge
mit maximal acht Sitzplätzen zusätzlich zum Fahrersitz und ohne Platz für stehende Passagiere
. Die Beschränkung gilt für Personenkraftwagen, bei denen es sich um langfristige Vermögenswerte handelt, deren Anschaffungspreis 2 Millionen CZK ohne Mehrwertsteuer übersteigt, und besteht darin, dass der über diese Steuerbemessungsgrundlage hinausgehende Mehrwertsteuerbetrag vom Steuerzahler nicht abgezogen werden kann. Mit anderen Worten: Der Steuerzahler kann die Mehrwertsteuer nur bis zur Höhe von 420.000 CZK abziehen, auch wenn er das Auto ausschließlich für geschäftliche Zwecke nutzt. Die genannte Einschränkung gilt nicht nur für Krankenwagen und Leichenwagen, sondern auch im Falle des Betriebs von zugelassenen /konzessionierten/ Straßenkraftverkehrsmitteln (z.B. Taxidienst).
Im März dieses Jahres hat das Finanzministerium einen vorbereiteten Entwurf zur Änderung des Mehrwertsteuergesetzes in Besprechungsverfahren weitergeleitet, der die oben genannte Beschränkung bis zum Ende des Jahres 2026 aufhebt. Die im Rahmen des sog. Konsolidierungspakets verabschiedete Beschränkung des Vorsteuerabzugs für Personenkraftwagen ist somit nur für einen Zeitraum von 3 Jahren vorgesehen. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Nutzer seltener ein Auto kaufen als in einem Dreijahreszeitraum, stellt sich die Frage, ob eine solche Maßnahme überhaupt sinnvoll ist und ob sie irgendwie zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen beiträgt.

Die Mehrwertsteuervorschriften werden in der Europäischen Union vor allem durch die Richtlinie des EU-Rates 2006/112/EG harmonisiert. Allerdings sehen die Bestimmungen dieser Richtlinie keine Beschränkungen des Mehrwertsteuerabzugs für Personenkraftwagen vor, weshalb die Tschechische Republik ihren Artikel 177 als Rechtsgrundlage herangezogen hat, auf dessen Grundlage ein Mitgliedsstaat aufgrund des Wirtschaftskreislaufs alle oder ein Anlagevermögen oder ein anderes Vermögen aus der Mehrwertsteuerabzugsregelung vollkommen oder teilweise ausschließen kann.
Die Einführung einer solchen Beschränkung unterliegt der Besprechung des Mehrwertsteuerausschusses der Europäischen Kommission, wobei die Tschechische Republik in ihrem Antrag auf Einführung mit den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie, der russischen Invasion in der Ukraine und dem Anstieg der Energiekosten und hoher Inflation argumentierte, die zum Defizit der öffentlichen Finanzen beitragen, und erklärte, dass die Beschränkung des Mehrwertsteuerabzugs für teure Autos eine der Maßnahmen zur Verringerung des Defizits sein soll. Als Beispiel gab die Tschechische Republik an, dass von 101 (im Jahr 2020 neu registrierten) Ferrari-Autos 96 bei Unternehmen registriert wurden. Unter Berücksichtigung der Voraussetzung zyklischer Wirtschaftsgründe wurde die Maßnahme zeitlich auf die genannten 3 Jahre begrenzt.

Es ist nicht nötig, weit in die Geschichte zurückzublicken, um verschiedene Ansätze zu vergleichen.
Viele Leser erinnern sich sicherlich daran, dass der Mehrwertsteuerabzug für Personenkraftwagen früher völlig ausgeschlossen war und die Lösung, um die Abzüge zu erhalten, darin bestand, ein sog. Gitter in das Auto einzubauen. Dadurch änderte sich seine Kategorie und für Mehrwertsteuerzwecke handelte es sich nicht mehr um einen Personenkraftwagen. Die Ermöglichung des Vorsteuerabzugs für Personenkraftwagen erfolgte dann ab 1. April 2009, als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008, die anschließende wirtschaftliche Rezession und als Versuch, die Nachfrage nach Personenkraftwagen zu stimulieren, zusätzlich z.B. durch die Einführung des sog. Schrottbetrags. Der volle Mehrwertsteuer-abzug für Personenkraftwagen wurde übrigens damals von der Regierung von Mirek Topolánek eingeführt (Finanzminister war Miroslav Kalousek). War damals die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Pkw das Heilmittel gegen die Wirtschaftskrise, so soll es heute dessen Einschränkung sein.

Wie auch aus dem obigen Beispiel mit Ferrari hervorgeht, wird deutlich, dass bei Luxusautos diese meist von Unternehmen oder natürlichen Personen als Mehrwertsteuerzahler gekauft werden. Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit der genannten Beschränkung des Vorsteuerabzugs umzugehen. Abgesehen von der relativ absurden Situation, die einen Missbrauch des Steuerrechts darstellt, wie z.B. der Kauf eines Autos für einen Preis von bis zu 2 Millionen CZK (ohne MWSt.) und der anschließende Kauf teurer Fahrräder oder eine teure Serviceuntersuchung, könnte die Lösung sein, den Kauf eines neuen Autos auf das Jahr 2027 zu verschieben und es möglicherweise bis dahin im Ausland zu mieten, wo der Händler bei seiner operativen Vermietung nicht in ähnlicher Weise bzgl. Mehrwertsteuer beschränkt ist. Und diese, aus Sicht der Käufer wirtschaftlich völlig rationalen Schritte werden in keiner Weise zur Konsolidierung der Staatsfinanzen beitragen.

Was die Grundlage selbst, nämlich die Möglichkeit betrifft, beim Autokauf einen Vorsteuerabzug geltend zu machen, ist diese Inanspruchnahme zumindest diskutabel. Auch wenn es sich bei einem Pkw grundsätzlich um ein gewöhnliches Arbeitsgerät handelt, wird auch die Nutzung für private Zwecke angeboten. Und während sich die Steuerverwaltung beispielsweise bei Arbeits-Laptops oder Mobiltelefonen in der Regel nicht mit einer möglichen Privatnutzung befasst, handelt es sich bei Pkw um ein um wesentlich wertvolleres Eigentum, bei dem die Steuerverwaltung in der Regel den Verwendungszweck beurteilt. Und die Nutzung eines Personenkraftwagens für wirtschaftliche Zwecke lässt sich grundsätzlich nur durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachweisen, das allerdings nur ein formelles Dokument ist. Dass die Ermöglichung des Vorsteuerabzugs für Pkw grundsätzlich problematisch ist, zeigen auch die Ansätze der Nachbarstaaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Es gibt eine Reihe von Staaten, bzw. die meisten europäischen Länder schließen den Mehrwertsteuerabzug für Personenkraftwagen praktisch aus, in der Regel mit bestimmten Ausnahmen für Taxidienste, Fahrschulen, Autovermietungen usw. Zu diesen Ländern gehören Österreich, Ungarn, Frankreich, Dänemark, Schweden, Griechenland oder sogar Bulgarien,
von den außerhalb der EU dann Großbritannien oder Norwegen. Dann gibt es jedoch noch eine weitere Gruppe von Ländern, die den Vorsteuerabzug für Personenkraftwagen bei deren Nutzung zu wirtschaftlichen Zwecken nicht beschränken, wie etwa Deutschland, die Slowakei, die Niederlande, Luxemburg und die Schweiz. Und zu guter Letzt gibt es noch eine dritte Gruppe von Ländern, die den Anspruch auf Vorsteuerabzug nur teilweise einschränken, etwa Polen, Spanien, Lettland und Kroatien, wo der Vorsteuerabzug nur bis zu 50 %, Italien mit 40 %, Belgien mit 35 oder 50 % und Irland mit 20% Mehrwertsteuerabzug möglich ist, der jedoch nur für emissionsarme Autos geltend gemacht werden kann. In Litauen besteht der Anspruch auf einen Vorsteuerabzug nur für Elektroautos und Plug-in-Hybride, allerdings nur, wenn der Pkw-Preis bis zu 50.000 EUR einschließlich Steuern beträgt. Und wie die obige Aufzählung zeigt, verfolgt keiner dieser dritten Staatengruppe, die den Vorsteuerabzug für Personenkraftwagen teilweise einschränkt, den gleichen Ansatz bei dieser Beschränkung wie jetzt die Tschechische Republik, d.h. keiner der Nachbarstaaten beschränkt den Vorsteuerabzug ausschließlich auf den Höchstwert der abzugsfähigen Mehrwertsteuer und noch vorübergehend, für einen relativ kurzen Zeitraum im Hinblick auf die Lebensdauer der Autos.

Was folgt also aus dem oben Gesagten? Erstens ist die Beschränkung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug für Personenkraftwagen in europäischen Ländern keine Ausnahme, sondern eher das Gegenteil. Zweitens die Tatsache, dass die Tschechische Republik einen innovativen Ansatz zur Begrenzung des Mehrwertsteuerabzugs für Personenkraftwagen gewählt hat, der von keinem der Nachbarländer genutzt wird. Drittens brachte die eingeführte Beschränkung eine Reihe praktischer Probleme mit sich, darunter Unklarheiten bei Vorführfahrzeugen, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die Beschränkungen des Vorsteuerabzugs auch für diese Fahrzeuge auf der Seite der Händler gelten. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass angesichts des temporären Charakters der gewählten Maßnahme ihre Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft und die Konsolidierung der Staatsfinanzen zumindest fraglich sein werden, da davon auszugehen ist, dass Käufer entweder den Kauf von neuen Luxusautos verschieben werden oder dies auf andere Weise umgehen werden, so dass ihre Mehrwertsteuer nicht begrenzt würde. Es wird auch interessant sein zu sehen, wie der neue Finanzminister bzw. neue Regierung die Frage der Begrenzung des Mehrwertsteuerabzugs nach Ablauf der Dreijahresfrist angehen wird.