Jana Shumakova | 12.11.2024
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| June 27, 2023
Derzeit erheben viele Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Investitionen eine Quellensteuer auf Dividenden aus Aktienbeständen und auf Zinsen aus Anleihebeständen, die an im Ausland lebende Anleger gezahlt werden. Allerdings müssen Anleger die Einkommensteuer auf die gleichen Einkünfte auch in ihrem Wohnsitzland zahlen.
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds lagen die von ausländischen Anlegern in der Europäischen Union gehaltenen Wertpapiere im Jahr 2019 im Wert von 10,7 Billionen Dollar. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, haben viele Länder durch die Unterzeichnung von Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, die Besteuerungsrechte zwischen dem Quellenland und dem Wohnsitzland aufzuteilen. Diese Abkommen können gebietsfremden Anlegern Anspruch auf einen niedrigeren Quellensteuersatz oder eine Steuerbefreiung in dem Land, in dem die Quellensteuern erhoben werden, einräumen.
Das Problem besteht darin, dass diese Steuerrückerstattungsverfahren oft langwierig, kostspielig und umständlich sind, was Investoren frustriert und von grenzüberschreitenden Investitionen innerhalb der/ in die EU abschreckt. Derzeit sind die Quellensteuerverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Investoren müssen sich EU-weit mit mehr als 450 verschiedenen Formularen auseinandersetzen, von denen die meisten nur in den Landessprachen verfügbar sind. Die Skandale betr. Cum/Ex und Cum/Cum zeigten auch, wie Steuererstattungs-verfahren missbraucht werden können: die durch diese Praktiken verursachten Steuerverluste wurden auf 150 Milliarden Euro für die Jahre 2000 - 2020 geschätzt.
Die wichtigsten am 19. 6. 2023 vorgeschlagenen Schlüsselmaßnahmen werden den Anlegern, Finanzvermittlern und nationalen Steuerbehörden das Leben erleichtern; sie sind wie folgt:
Eine gemeinsame digitale Bescheinigung des Steuerwohnsitzes in der EU wird die Verfahren zur Befreiung von der Quellensteuer beschleunigen und effektiver machen. Beispielsweise, Anleger mit einem diversifizierten Portfolio in der EU werden nur eine digitale Steuerdomizilbescheinigung benötigen, um im selben Kalenderjahr mehrere Steuerrückerstattungen zu beantragen. Die digitale Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit sollte innerhalb eines Werktages nach der Antragstellung ausgestellt werden. Derzeit verlassen sich die meisten Mitgliedstaaten noch auf papierbasierte Verfahren.
Zwei beschleunigte Verfahren, die das bestehende Standardverfahren zur Steuerrückerstattung ergänzen: das Verfahren der „Quellenbefreiung“ und das System der „schnellen Rückerstattung“, wodurch der Steuerrückerstattungsprozess EU-weit schneller und harmonisierter gestaltet wird. Die Mitgliedstaaten können wählen, welches Verfahren sie verwenden möchten (einschl. Kombination von beiden).
Durch diese standardisierten Verfahren könnten die Anleger ca. rund 5,17 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
Eine standardisierte Meldepflicht wird den nationalen Steuerverwaltungen die notwendigen Instrumente geben, um die Berechtigung zum ermäßigten Steuersatz zu prüfen und ev. Missbrauch aufzudecken. Zertifizierte Finanzvermittler müssen die Zahlung von Dividenden oder Zinsen der zuständigen Steuerbehörde melden, damit diese die Transaktion nachvollziehen kann. Insbesondere große Finanzintermediäre in der EU müssen sich in das nationale Register zertifizierter Finanzvermittler eintragen lassen. Dieses Register wird auf freiwilliger Basis auch für Finanzvermittler aus Nicht-EU-Ländern und kleinere EU-Finanzvermittler zugänglich sein. Steuerzahler, die über zertifizierte Finanzintermediäre in der EU investieren, werden von beschleunigten Quellensteuerverfahren profitieren sowie eine Doppelbesteuerung von Dividendenausschüttung vermeiden. Je mehr Finanzintermediäre sich registrieren, desto einfacher wird es für die Steuerbehörden sein, Steuerrückerstattungsanträge (unabhängig vom angewandten Verfahren) zu bearbeiten.
Mit der neuen Steueransässigkeitsbescheinigung können Anleger Anträge auf Quellensteuerrückerstattungen digital einreichen, wodurch der Rückerstattungsprozess schneller und einfacher sein wird. Um mehrere Steuerrückerstattungen während eines Kalenderjahres beantragen zu können, wird nur eine digitale Steuerdomizilbescheinigung erforderlich sein, wodurch die Ausstellung mehrerer Steuerdomizilbescheinigungen für einen Anleger mit einem diversifizierten Portfolio in der EU vermieden wird.
Insgesamt wird der neue Quellensteuerrahmen den Anlegern den Zugang zu beschleunigten Verfahren ermöglichen, was die ihnen zustehenden Steuerrechte sichern und eine Doppelbesteuerung vermeiden wird.
Durch den Missbrauch der Quellensteuer verlieren die europäischen Steuerbehörden jedes Jahr erhebliche Geldbeträge.
Die neuen Meldepflichten bedeuten, dass die Steuerbehörden einen vollständigen Überblick über die Finanzkette erhalten, um prüfen zu können, ob die Anleger Anspruch auf ermäßigte Steuersätze haben, und um sicherzustellen, dass Quellensteuerrückerstattungen korrekt erfolgen und somit Steuermissbrauch vorzubeugen.
Durch die Digitalisierung von Steuerdomizilbescheinigungen und die Standardisierung von Meldepflichten und Steuerrückerstattungsanträgen könnten Finanzvermittler ihre Prozesse automatisieren und so Zeit und Geld sparen. Dies würde den Steuerrückerstattungsprozess beschleunigen und gleichzeitig die Sicherheit des Steuerabzugsverfahrens erhöhen.
Gemäß dem Entwurf werden die Mitgliedstaaten von zertifizierten Finanzvermittlern verlangen, dass sie über angemessene eingeführte Verfahren verfügen, um sicherzustellen, dass Steuerzahler Anspruch auf eine Steuerrückerstattung haben. Zertifizierte Finanzintermediäre werden elektronische Nachweise über den steuerlichen Wohnsitz (Domizil) des Steuerpflichtigen oder entsprechende Nachweise über den Aufenthalt in einem Nicht-EU-Land sammeln sowie diese Informationen nach ihren eigenen Unterlagen überprüfen.
Sie müssen außerdem eine Erklärung einholen, dass der Steuerzahler der wirtschaftlich Berechtigte (Eigentümer) des Wertpapiers ist und dass er keine finanzielle Vereinbarung im Zusammenhang mit der Auszahlung von Dividenden oder Zinsen aus den zugrunde liegenden Wertpapieren getroffen hat.
Sobald der Entwurf von den Mitgliedstaaten angenommen wurde, sollte er am 1. Januar 2027 in Kraft treten.
Quelle: https://taxation-customs.ec.europa.eu/taxation-1/corporate-taxation/faster-initiative_en
Autor: Jiří Zoubek