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| October 2, 2024

Tarifverhandlungen aus Expertensicht

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Im Rahmen der Vorbereitungen zur Tarifverhandlungen-Konferenz haben wir den Hauptredner und Organisator der Veranstaltung, Herrn Vladimír Černý, gefragt, wie er die aktuelle Situation bezüglich der Kollektivverhandlung sieht und wohin wir in den folgenden Jahren kommen könnten. Was wartet auf tschechische Gewerkschaften und Arbeitgeber? Das erfahren Sie im heutigen Artikel.

 

Wie nehmen wir Gewerkschaften in der Tschechischen Republik wahr?

Ich denke, dass die meisten Arbeitnehmer Gewerkschaften eher negativ wahrnehmen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Gewerkschaften nicht in der Lage sind, die wirklichen legitimen Bedürfnisse und Interessen der Arbeitnehmer ausreichend zu definieren und umzusetzen. Es gibt teilweise Ausnahmen, in denen die Gewerkschaften wirklich wissen, wie sie sich für die Arbeitnehmer einsetzen müssen, aber das kommt leider selten vor.


Aus meiner Sicht können die Gewerkschaften, bzw. deren Führung, auf der Ebene von Gewerkschaftsbünden und des Tschechisch-Mährischen Gewerkschaftsbund (Českomoravská konfederace odborových svazů/ ČMKOS)
nicht klar genug definieren, was sie wirklich tun können, um den gewöhnlichen Arbeitnehmern zu helfen.
Die Wahrnehmung der Gewerkschaften in unserem Land ist teilweise negativ, vielmehr überwiegt die „neutrale Haltung“ der Arbeitnehmer.


Was sind die aktuellen legitimen Bedürfnisse und Interessen der Mitarbeiter?

Die vorherrschende Meinung ist, dass es vor allem auf die Höhe der Löhne und insbesondere auf deren jährliches Wachstum ankommt. Viele Arbeitnehmer erkennen den Erfolg der Gewerkschaftsarbeit an der Höhe des jährlichen Lohnwachstums. Allerdings kommt den Gewerkschaften dabei eine objektiv schwierige Rolle zu.
Aber manchmal sind sie selbst schuld. Wenn sie eine unangemessene Lohnerhöhung fordern und stimmen anschließend weniger als der Hälfte ihrer Anforderungen zu ...


Ich sehe den sozialen Dialog und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer in einem breiteren Kontext –
an erster Stelle steht die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften – zum Beispiel des Arbeitsgesetzbuchs,
gute Beziehungen am Arbeitsplatz, ein hochwertiges Arbeitsumfeld, Mitarbeiterausbildung, Arbeitsplatzsicherheit.


In welchem Bereich sind Gewerkschaften problematisch?

Meiner Meinung nach besteht das große Problem der Gewerkschaften in unserem Land darin, dass es aus Sicht der gewählten Arbeitnehmervertreter eine Krise gibt. Die relative Qualität liegt immer noch auf der Ebene der Unternehmen, hier sind gewählte Funktionäre nicht entfernt von der Realität der tatsächlichen Bedürfnisse und Interessen der Arbeitnehmer.

Schlimmer ist es jedoch auf der Ebene der Gewerkschaftsbünde. Hier erscheint das Problem, das ich als „Mangel an wirklich hochwertigen und realistisch denkenden Funktionären“ bezeichne. Achtung – das gilt nicht allgemein, es gibt auch Gewerkschaften, in denen wirklich hochqualifizierte professionale Fachkräfte arbeiten.


Und wie werden Gewerkschaften anderswo in der EU wahrgenommen?

Was die EU betrifft, lässt sich eindeutig sagen, dass die Rolle der Gewerkschaften auf einem deutlich höheren Niveau liegt. Es ist historisch gegeben. Es gibt auch Länder, in denen die Gewerkschaften weniger Einfluss haben. Für mich ist die positive Wahrnehmung von Gewerkschaften in Skandinavien, einschließlich Dänemark, am höchsten. Dazu gehören sicherlich Frankreich, Deutschland und Österreich.


Der Vorteil der dortigen Gewerkschaften besteht darin, dass die gesamte EU die Gewerkschaften als legitimen Partner im sozialen Dialog und bei der Verteidigung der Interessen der Arbeitnehmer wahrnimmt. Und auch lokale Unternehmen gehen dann partnerschaftlicher und offener auf die Gewerkschaften zu.


Nähern wir uns langsam mit der Wahrnehmung den Gewerkschaften in den westlichen EU-Staaten an oder bleiben wir bei unserem Standpunkt?

Von der westlichen Wahrnehmung der Gewerkschaften sind wir noch recht weit entfernt. Die EU-Gesetzgebung begünstigt eindeutig die Gewerkschaften, da sie mit ihrer Meinung bei grundlegenden, kollektivrechtlichen Gesetzesänderungen rechnet.


Das letzte Beispiel ist Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohndifferenzen bei der Vergütung) – die verschiedene Vergütung bzw. Lohndifferenzen werden durch eine neue EU-Gesetzgebung angegangen,
und dies wird ein weiteres großes Thema mit sich bringen, das die Arbeitgeber gemeinsam mit ihren Gewerkschaften aktiv angehen müssen.


Wer hat in den letzten Jahren mehr zu einer besseren Verhandlungskultur beigetragen – Gewerkschaften oder Arbeitgeber?

Gewerkschaften verändern sich langsam, es geschieht eher auf Unternehmensebene. Ein großer Wandel in der Wahrnehmung der notwendigen rechtlichen Notwendigkeit von Partnerschaftsverhandlungen mit Gewerkschaften kommt derzeit von Seiten der Arbeitgeber, insbesondere in großen Unternehmen und multinationalen Konzernen.


Je größer das Unternehmen, desto mehr können sozialer Dialog und Tarifverträge auch den Arbeitgebern helfen. Das Problem sind oft die überzogenen Anforderungen der Gegenpartei.

Haben der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise dem sozialen Dialog in unserem Land geschadet?

Nein.


Wie grundsätzlich wirkt sich die Änderung des Arbeitsgesetzbuches auf den sozialen Dialog und die Tarifverhandlungen aus?

Sicherlich wird weiterhin darauf hingewiesen, dass die Gewerkschaften aus Sicht der EU künftig als wichtigster Partner im Rahmen des sozialen Dialogs gezählt werden.


Wo sehen Sie die Herausforderungen für die nächsten Jahre?

Aus Sicht der Arbeitgeber geht es darum, dass die Kommunikation mit den Gewerkschaften weiterhin notwendig sein wird und es immer mehr Bereiche geben wird, in denen Gewerkschaften unersetzlich sein werden. Es ist nicht das Verdienst der Tschechischen Republik, sondern die Gesamtpolitik der EU. Es eröffnen sich neue Themen, die auf allen Ebenen angegangen werden müssen.


Verhandeln Sie mit einer Gewerkschaft oder gehören Sie einer Gewerkschaft an?

Jedes Jahr veranstalten wir eine Konferenz zum Thema Tarifverhandlungen und sozialer Dialog, an der wir Experten großer tschechischer Unternehmen, Ministerien, Anwälte und andere Vertreter der Fachöffentlichkeit beteiligen. Besuchen Sie uns dieses Jahr am 17.10. in den Produktionsstätten der Gesellschaft NEXEN TIRE.

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