Jana Shumakova | 12.11.2024
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Nationalund Ständerat haben am 17. Juni 2016 das Unternehmenssteuerreformgesetz III in der Schlussabstimmung mit 139 zu 55 (Nationalrat) bzw. 29 zu 10 Stimmen (Ständerat) verabschiedet. Damit wird ein Schlussstrich unter die zähen parlamentarischen Debatten seit Überweisung der Botschaft des Bundesrates im Juni 2015 gezogen. Die Vorlage unterliegt nunmehr der Referendumsfrist von 90 Tagen. Die parlamentarische Linke hat bereits angekündigt, dass sie das Referendum ergreifen will. Somit ist wahrscheinlich, dass die Vorlage noch eine Volksabstimmung, welche voraussichtlich im Jahre 2017 stattfinden wird, überstehen muss.
Die Vorlage sieht die Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien vor, zu der sich die Schweiz ge- genüber der EU verpflichtet hat. Als Ersatzmassnahmen sieht das Unternehmenssteuerreformgesetz III die Einführung der Patentbox zur privilegierten Besteuerung von Erträgen aus Immaterialgüterrechten sowie die Inputförderung, dank der Forschungsaufwendungen über die tatsächlichen Kosten hinaus steuerlich abzugsfähig sind, fest. Die steuerneutrale Aufwertung der stillen Reserven (Step-up), welche unter den alten Steuerregimes oder vor Zuzug in die Schweiz gebildeten wurden, soll weiterhin gewährt werden.
Zudem wird die zinsbereinigte Gewinnsteuer (notional interest deduction) auf Bundesebene eingeführt. Die Kantone können diese auch einführen, wenn sie sich im Gegenzug dazu verpflichten, die Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen (d.h. Beteiligungen von mindestens 10%) mit mindes- tens 60% zu besteuern.
Allgemeine kantonale Gewinnsteuersatzsenkungen sind nicht Teil der Reform, weil die Kantone darüber in eigener Kompetenz entscheiden können (wie dies etwa der Kanton Waadt bereits beschlossen hat). Um den Kantonen diesbezüglich aber mehr fiskalischen Spielraum zu gewähren, soll der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer angehoben werden.
Mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz III werden die gesetzlichen Grundlagen im StHG für die kantonalen Steuerprivilegien der Holding, Domizilund gemischten Gesellschaften aufgehoben. Die Kantone haben anschliessend 2 Jahre Zeit, ihre kantonalen Steuergesetze an die neuen bundesrechtlichen Vorgaben anzupassen. Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der revidierten kantonalen Steuergesetze werden die Gesellschaften, die bis dahin von einem kantonalen Steuerprivileg profitiert haben, ordentlich besteuert. Ausserdem werden ab diesem Zeitpunkt die speziellen Praxisregelungen für die Ausscheidung bei Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten von der ESTV aufgehoben werden.
Weitergehende Zugeständnisse sieht das Unternehmenssteuerreformgesetz III nicht vor. Insbesondere sollen der Beteiligungsabzug und der Betriebsstättenabzug weiterhin unabhängig davon gewährt werden, ob die Gewinne der Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstätte einer Minimalbesteuerung unterlagen oder auf aktive Geschäftstätigkeit zurückzuführen sind.
Das Unternehmenssteuerreformgesetz III sieht die Einführung einer Patentbox vor. Sie soll auf kantonaler Ebene obligatorisch sein. Auf Stufe Bund wird weiterhin die ordentliche Besteuerung angewendet. Die Patentbox soll nicht nur von juristischen Personen, sondern auch von natürlichen Personen mit selbständiger Erwerbstätigkeit beansprucht werden können.
Mittels der Patentbox trennt das Unternehmen die Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten von den anderen Erträgen und versteuert diese zu einem reduzierten Satz. Die Kantone können eine Privilegierung von bis zu 90% vorsehen. Für die Patentbox qualifizieren Patente und vergleichbare Rechte wie etwa ergänzende Schutzzertifikate.
Das Unternehmenssteuerreformgesetz III richtet die Ausgestaltung der Patentbox nach den aktuel- len Entwicklungen in der OECD (BEPS Project) und möchte den dort entwickelten "modifizierten Nexus-Ansatz" für die Substanzanforderungen anwenden. Danach dürfen die Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten nur im Verhältnis des dem Inland zurechenbaren F&E-Aufwands zum gesamten F&E-Aufwand privilegiert besteuert werden.
Der Boxenerfolg wird mit der sogenannten Resi- dualmethode (Top-down-Ansatz oder indirekte Methode) ermittelt. Danach wird im ersten Schritt vom gesamten Gewinn vor Steuern das Finanzer- gebnis abgezogen. Im zweiten Schritt werden die Einnahmen und Ausgaben, die nicht auf Patenten oder auf dem Verkauf eines Produkts bzw. einer Dienstleistung mit Patenten beruhen, ausgeschieden. Im dritten Schritt wird der Boxenerfolg bestimmt. Dazu zählen 100% der Lizenzeinnahmen aus Patenten. Der verbleibende Gewinn wird nach Abzug von Gewinnen aus Routinefunktionen und Markenentgelten zum Boxenerfolg der Patentbox zugewiesen.
Die Kantone werden auf freiwilliger Basis ermächtigt, zusätzliche Abzüge für F&E-Aufwendungen über 100% hinaus zuzulassen (maximal 150%). Es sollen im Inland durchgeführte F&E-Aktivitäten gefördert werden, die selbst oder durch Dritte im Rahmen von Auftragsforschung durchgeführt werden. Die Definition des Begriffs der F&E und die genaue Ausgestaltung der Abzüge sollen den Kantonen überlassen werden.
Der Bund führt einen fiktiven Zinsabzug auf dem Eigenkapital (kalkulatorischer Zins auf dem Sicherheitseigenkapital) ein. Das Sicherheiseigenkapital enstpricht dem Teil des in der Schweiz steuerbaren Eigenkapitals, der das für die Ge- schäftstätigkeit langfristig benötigte Eigenkapital übersteigt. Es wird mittels Eigenkapitalunterlegungssätzen berechnet, die nach dem Risiko der Kategorie der Aktiven abgestuft sind. Als kalkulato- rischer Zinssatz kann unter gewissen Vorausset- zungen ein dem Drittvergleich entsprechender Zinssatz geltend gemacht werden. Insbesondere bei konzerninternen Finanzierungsaktivitäten soll der fiktive Zinsaufwand anhand einer Marge von den erhaltenen Zinserträgen ermittelt werden. Dies führt für konzerninterne Finanzierungsgesellschaf- ten zu steuerlich attraktiven Ergebnissen.
Für die Kantone soll die Einführung eines fiktiven Eigenkapitalzinsabzugs fakultativ sein. Sie soll aber nur denjenigen Kantonen gestattet werden, welche Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen (d.h. Beteiligungen von mindestens 10%) beim Anteilsinhaber (natürliche Person) zu mindestens 60% besteuern. Derzeit sehen noch einige Kanto- ne Teilbesteuerungen von weniger als 60% vor (insbesondere etwa Zürich).
Das Unternehmenssteuerformgesetz III sieht eine gesetzliche Regelung der Aufdeckung stiller Reserven (Step-up) bei Beginn der Steuerpflicht fest. Diese ermöglicht es, neu zuziehenden Gesellschaften oder solchen, welche heute von einem kantonalen Steuerprivileg profitieren, stille Reserven (einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwertes – also Goodwills – aber exklusive Beteiligungen) bis zum Verkehrswert steuerneutral aufzuwerten und über die Folgejahre steuerwirk- sam abzuschreiben (höchstens 10 Jahre für den selbst geschaffenen Mehrwert).
Die gesetzliche Regelung gilt bezüglich der direkten Bundessteuer und der Kantonsbzw. Gemeindesteuern für den Beginn der Steuerpflicht infolge (a) Verlegung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung in die Schweiz, (b) Verlegung von Vermögenswerten bzw. Funktionen aus dem Ausland in einen inländischen Geschäftsbetrieb oder in eine inländische Betriebsstätte, (c) Ende einer Steuerbefreiung.
Für die Kantonsund Gemeindesteuern sieht das Unternehmenssteuerformgesetz eine Sondernormfür die Holding, Domizil und gemischten Gesellschaften vor: Diese können die zum Zeitpunkt der Abschaffung des Steuerprivilegs bestehenden stillen Reserven (inklusive Goodwill) in jenem Umfang, in dem sie bisher nicht steuerbar gewesen wären, im Falle einer Realisation innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem gesonderten tieferen Satz versteuern.
Die Kantone können Erleichterungen bei den Kapitalsteuern einführen und insbesondere Eigenkapital entlasten, das im Zusammenhang mit Beteiligungen, Patenten oder Darlehen an Konzerngesellschaften steht. Diese Massnahme soll die Abschaffung des Steuerprivilegs der Holding, Domizilund gemischten Gesellschaften auf Kapitalsteuerebene ausgleichen.
Die mit der Unternehmenssteuerreform II eingeführte Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung für Anteilsinhaber von Gesellschaften wird für die Kantone nicht vereinheitlicht. Kantone, welche aber einen fiktiven Zinsabzug auf dem Eigenkapital (zinsbereinigte Gewinnsteuer) einführen wollen, sind verpflichtet, Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen beim Anteilsinhaber (natürliche Person) zu mindestens 60% zu besteuern und somit der Regelung für die direkte Bundessteuer anzupassen.
Das Unternehmenssteuerreformgesetz III sieht vor, dass schweizerische Betriebsstätten von ausländischen Unternehmen neu die pauschale Steueranrechnung für Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten beanspruchen können.
Falls kein Referendum ergriffen wird, könnte das Unternehmenssteuerreformgesetz III (und somit die Anpassungen des Steuerharmonisierungsgesetzes) per 1. Januar 2019 umgesetzt werden. Die Kantone erhalten bis dann Zeit für die Anpassung ihrer Gesetzgebung und die Abschaffung der Steuerprivilegien. Die parlamentarische Linke hat aber bereits angekündigt, dass sie das Referendum ergreifen will. Somit ist wahrscheinlich, dass die Vorlage noch eine Volksabstimmung überstehen muss. Sofern diese bereits im Februar 2017 stattfinden kann, ist eine Umsetzung auf den 1. Januar 2019 weiterhin wahrscheinlich. Falls die Volksabstimmung erst in der zweiten Hälfte 2017 stattfinden kann, wird die Reform möglicherweise erst per 1. Januar 2020 umgesetzt.,
Homburger AG