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Jiří Jakoubek | | May 16, 2023
In einem aktuellen Urteil befasste sich das Kreisgericht in Brno mit einem Streit zwischen einem Steuersubjekt und der Finanzverwaltung über die Wahl eines Rentabilitätsindikators im Rahmen der Bewertung der Verrechnungspreise eines tschechischen Unternehmens, das Computerserver herstellt.
Streitpunkt im vorliegenden Verfahren war die Frage, ob im Rahmen der Leistungsbeziehungen zwischen dem produzierenden Unternehmen und seiner Muttergesellschaft ein Aufschlag auf die sog. Mehrwertkosten, die das Steuersubjekt auf die Löhne und Gemeinkosten anwendet, ausreichend war, oder ob der Aufschlag auch auf den Materialwert (in der Regel auf die gesamten Betriebskosten) anzuwenden wäre.
Das Steuersubjekt führte die Fertigstellung und Montage von Serverschränken im Auftrag der Muttergesellschaft durch. Der vom tschechischen Unternehmen beachtete Produktionsprozess wurde von seiner Muttergesellschaft festgelegt, während ihre Verantwortung auch darin bestand, der Tochtergesellschaft das gesamte notwendige Material zur Verfügung zu stellen, um den erforderlichen Produktionsprozess zu erfüllen. Das von der Muttergesellschaft gelieferte Material ging anschließend in das Eigentum des tschechischen Steuersubjekts über.
Aufgrund dieser Tatsachen kam die Steuerverwaltung zu dem Schluss, dass ein geeigneter Indikator zur Bewertung der Rentabilität die Kennzahl der Gesamtkostenrendite (Return on Total Costs, ROTC) bzw. die Rückflussdauer ist, im Gegensatz zu dem vom Steuersubjekt gewählten Rentabilitätsindikator, der sich nur auf die Rückflussdauer der Kosten aus der Mehrwertschöpfung (Return on Value Added Costs, ROVAC), d.h. auf die gesamten Betriebskosten ohne Materialkosten bezieht.
Das Gericht stimmte einer Reihe von in der Klage des Steuersubjekts gegen die Entscheidung der Steuerverwaltung vorgebrachten Argumenten zu, und kam zu dem Schluss, dass für die Beurteilung des Funktions- und Risikoprofils der untersuchten Person der tatsächliche Zustand und nicht der formelle Zustand entscheidend ist. Die bloße Tatsache, dass der Steuerpflichtige das Material in seinen Besitz erworben und über seinen Bestand gebucht hat, bedeutet nicht automatisch, dass das produzierende Unternehmen die mit dem Material verbundenen Risiken trägt. Obwohl in diesem Fall das Steuersubjekt das Material in sein Eigentum übernommen/erworben hat (und theoretisch die damit verbundenen Risiken tragen sollte), wurden die mit der Lieferung des Materials verbundenen Risiken bei dieser Leistung vollständig auf die Muttergesellschaft übertragen (sollte z.B. ein Mangel am gelieferten Material festgestellt werden, würden die mit der Reparatur oder eventueller Liquidation verbundenen Kosten von der Muttergesellschaft erstattet). Aus dem Sachverhalt ging auch hervor, dass der Steuerpflichtige das Material nicht verarbeitet oder seine Eigenschaften nicht verändert, sondern lediglich für die Montage der Server nach dem festgelegten Montageverfahren sorgt, um die Eigenschaften der einzelnen Komponenten hinsichtlich Qualität und Funktionalität zu erhalten. Eine Mehrwertschöpfung des Materials seitens des Steuersubjekts erfolgte somit nicht.
Das Kreisgericht betonte in diesem Zusammenhang, dass für die Wahl eines geeigneten Indikators bei der Beurteilung von Verrechnungspreisen jeweils der Gesamtkontext der Transaktion und das Geschäftsmodell des Steuersubjekts zu beurteilen seien. Nach Einschätzung des Gerichts habe die Finanzverwaltung die Beweislast nicht getragen, da sie nicht nachgewiesen habe, dass die Anwendung eines Aufschlags auf die Gesamtkosten in der gegenständlichen Leistung angemessener sei als die durch das Steuersubjekt gewählte Methode. Aus diesem Grund hob das Gericht die Entscheidung des Beklagten auf und verwies die Sache zur weiteren Verhandlung an ihn zurück.
Zusammenfassend lässt sich aus dem Urteil schließen, dass bei einer Beurteilung der Kostenbasis von Verrechnungspreisen für einen Hersteller, der die mit einem bestimmten Kostenposten verbundenen Risiken nicht trägt, ein Aufschlag nur auf die Wertschöpfung, d.h. im Einzelfall auf Löhne und Gemeinkosten ohne Materialkosten, ausreichend sein kann. Wir diskutieren derzeit in einer Reihe konkreter Fälle über eine solche Festlegung von Verrechnungspreisen, oft verursacht durch den Druck ausländischer Steuerverwaltungen. In diesen Situationen stoßen wir auf eine ganze Reihe von Diskussionspunkten, sei es im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Umfeld, der Beweislastfähigkeit oder dem Argument für eine Änderung der Methodik im Vergleich zur historischen Methodik. Wir empfehlen Ihnen dringend, diese Fallstricke bzw. Gefahr mit einem Steuerberater zu besprechen, wenn Sie die Anwendung einer angepassten Kostenbasis in Betracht ziehen. Unser Verrechnungspreisteam verfügt über umfassende Erfahrung in diesem Bereich. Zögern Sie also nicht, sich vertrauensvoll an unsere Experten zu wenden.
Autor: Jiří Jakoubek, Veronika Hohnová