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Einleitung
Whistleblowing begegnet man öfter als man denkt. Erinnern Sie sich an Al Pacino im Film „Serpico“, in dem er einen Polizisten spielte, der die Praxis seiner Kollegen, Schmiergeld von New-Yorker Verbrechern anzunehmen, nicht akzeptieren wollte. Dies ist jedoch nicht nur das Thema der berühmten Hollywood-Filme wie „Serpico“ oder des nicht weniger berühmten „Erin Brockovich“, sondern auch der in den Medien veröffentlichten Fälle wie „Panama Papers“ oder „Cambridge Analytica“. Sogar die Covid-19-Erkrankung wurde in der Öffentlichkeit dank des chinesischen Arztes und Whistleblowers Li Wenliang bekannt.
Zurzeit, im Unterschied zum Beispiel zu den Vereinigten Staaten, wo Whistleblowing ein üblicher Teil der Firmenkultur ist, hat die Regelung von Whistleblowing in Europa keine Tradition, und sie ist in den EU-Ländern bisher nicht einheitlich und nicht von ausreichender Qualität. Die EU reagiert darauf mit der Richtlinie Nr. 2019/1937, die beabsichtigt, die Mindeststandards der Politik einer „Meldung“ setzen. In diesem Artikel werden wir erläutern, was bei der Umsetzung der Richtlinie nicht vermieden werden sollte und wie am besten die Anforderungen dieser Richtlinie umgesetzt werden können. Ob Sie mit Whistleblowing einverstanden sind oder nicht, es bleibt Ihnen nichts übrig, als die rechtliche Regelung zu beachten und den Weg einer geeigneten Umsetzung zu finden und für beide Parteien, sowohl die Hinweisgeber als auch die betroffenen Personen, geeignete Mechanismen zu schaffen.
Whistleblowing aus der Perspektive des Unionsrechts
Das Ziel des Whistleblowings nach der EU-Richtlinie ist der Schutz des öffentlichen Interesses und die Vorbeugung der negativen Auswirkungen, insbesondere der Wirtschaftskriminalität, auf die Gesellschaft. Die Richtlinie bezieht sich nicht auf Beschwerden persönlicher Art, Schikane-Meldungen, Belästigungen und Ähnliches. Ihr Gegenstand ist die Verletzung der Rechtsvorschriften in den Bereichen der Vergabe öffentlicher Aufträge, der Finanzdienstleistungen, der Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie die Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der Produktsicherheit und -konformität, der Verkehrssicherheit, des Umweltschutzes, des Strahlenschutzes und der kerntechnischen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit, des Verbraucherschutzes, des Schutzes der Privatsphäre und des Schutzes personenbezogener Daten und weiteren.
Whistleblowing und die berechtigten Subjekte
Das Wesentliche ist die Meldung der Handlungen, die im Widerspruch zu einem der oben genannten Bereiche stehen, und zwar im öffentlichen sowie im privaten Sektor. Hinweisgeber sind gemäß der Richtlinie insbesondere die Mitarbeiter, d.h. nach der Rechtsprechung der EU diejenigen Personen, die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person oder unter deren Leitung Tätigkeiten ausführen, für die sie eine Entlohnung erhalten. Die Regelung bezieht sich jedoch nicht nur auf die Arbeitnehmer und Beamten, sondern sie rechnet mit einer ganzen Reihe von Personen. Dies sind z.B. auch Selbstständige, Aktionäre, Personen, die in Organen juristischer Personen tätig sind, aber auch Freiwillige oder Praktikanten. Alle Hinweisgeber genießen denselben Schutz vor Risiken, die für sie infolge von Whistleblowing entstehen.
Warum ist Whistleblowing notwendig?
Whistleblowing wird dadurch begründet, dass die Verstöße in den genannten Bereichen vor den Rechtsdurchsetzungssystemen oft verdeckt bleiben und die notwendigen Informationen für sie schwer zugänglich sind. Die innerbetriebliche Kontrolle seitens der Arbeitnehmer oder weiterer Personen stellt daher ein effizientes Instrument zum Überwinden des ungleichen Zugangs zu Informationen und zur Auseinandersetzung mit den Verstößen gegen das Recht innerhalb der Strukturen von Gesellschaften und Instituten dar.
Interne und externe Meldung
Nach der Richtlinie sollten innerhalb der verpflichteten juristischen Personen individuell interne Meldekanäle geschaffen werden, es wird jedoch erwartet, dass ein externer, durch den Staat koordinierter Meldekanal entsteht. Der Hinweisgeber kann wählen, an welchen dieser Kanäle er sich wendet. Im Interesse der diesen Rechtsvorschriften unterliegenden Personen ist ein gut funktionierendes internes Meldesystem. Auch für die Hinweisgeber ist zweifelslos bequemer und angesichts der Beweise weniger anspruchsvoll, sich direkt an das jeweilige Unternehmen zu wenden. Aus den Umfragen in den USA ergibt sich, dass nur 18 % der Hinweisgeber als erste Möglichkeit für die Meldung externe Kanäle nutzt. Erst nachdem sie bei der internen Meldung nicht erfolgreich waren, melden sich 84 % der Hinweisgeber bei externen Meldekanälen.[1] Wenn es daher möglich ist, die Risiken, die das öffentliche Interesse beeinträchtigen, intern zu unterbinden, empfehlen wir dies auch angesichts der Wertschätzung des guten Rufs, der sehr wertvoll und leicht verletzlich ist, zu tun. Da ein unbeträchtlicher Anteil der Hinweisgeber nachweislich zuerst den internen Meldekanal nutzt, sollten die Gesellschaften und Institute auf die Umsetzung von Whistleblowing ausreichend vorbereitet werden.
Was sollte bei der Erstellung des internen Meldesystems nicht vergessen werden?
Der erste Schritt ist die Wahl der geeigneten Plattform. Es bietet sich die Schaffung eines rein internen Kanals, die Nutzung der bereits bestehenden Compliance oder einer ähnlichen Abteilung oder die Nutzung einer externen Dienstleistung, an. Die Meldung kann dann mittels elektronischer Formulare, einer Telefonnummer, eines Treffens oder per Post erfolgen. Die Wahl der geeigneten Plattform sollte im Hinblick auf die Größe des Unternehmens oder die Art der Mitarbeiter oder anderer Personen gewählt werden. In multinationalen Unternehmen müssen verschiedene Sprachversionen und die Zugänglichkeit angesichts der Zeitverschiebung in Betracht gezogen werden. In allen Fällen muss die Identität des Hinweisgebers und dessen Stellung geschützt werden. Ein effizientes Instrument ist die Sicherstellung der Rechtsberatung für die potentiellen Hinweisgeber in Bezug auf die Fragen angesichts der Meldung.
Wenn eine Meldung erfolgt, müssen zuerst der Schutz der Identität des Hinweisgebers und der gesammelten Daten im sicheren Speicherplatz sichergestellt werden. Dann muss beurteilt werden, ob das Recht verletzt wurde oder nicht, und dann müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Bei allen Meldungen sollte auf dieselbe Weise vorgegangen werden, und sie sollten derselben Überprüfung unterliegen. Mit dem Ablauf dieses Verfahrens sollte der Hinweisgeber rechtzeitig bekannt gemacht werden, die Richtlinie legt eine angemessene Frist von höchstens drei (3) Monaten fest. Kürzere Fristen erhöhen das Vertrauen der Hinweisgeber in das betriebliche Meldungssystem.
Die tschechische gesetzliche Regelung
Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Richtlinie bis zum 17. Dezember 2021 umzusetzen. Die tschechische rechtliche Regelung muss daher bis zu diesem Tag den Schutz der Hinweisgeber vor Vergeltungsmaßnahmen [2] bei der Meldung rechtswidriger Handlungen sicherstellen. Das Rechtsinstitut der Meldung hat in der tschechischen Gesellschaft leider weiterhin einen negativen Beigeschmack, daher müssen die Stellung und die Rechte der Hinweisgeber verstärkt werden.
Zurzeit befinden sich in der Abgeordnetenkammer zwei Gesetzesentwürfe zum Schutz der Hinweisgeber zur Verhandlung - ein Entwurf der Regierung (des Justizministeriums)[3] und einer der Abgeordneten[4]. Nach dem Entwurf der Regierung soll für bestimmte Personen (neben den Organen der öffentlichen Macht, z.B. auch für Arbeitgeber mit mindestens 25 Arbeitnehmern im Durchschnitt im vergangenen Quartal) ein obligatorisches internes Meldesystem eingeführt werden, und weiter soll ein spezielles Organ des Justizministeriums gebildet werden, das nicht nur als ein externer Anzeigeort, sondern auch als eine Informations- und Beratungsstelle dienen wird.
Der Schutz der Hinweisgeber sollte nach der Begründung des Entwurfs der Regierung unter anderem in der Übertragung der Beweislast auf den Beklagten bestehen. Wenn gegen den Hinweisgeber eine Vergeltungsmaßnahme gerichtet wird und er sich beim Gericht dagegen wehrt, wird die betroffene Person (d.h. der Beklagte), die die Vergeltungsmaßnahme vornehmen sollte, nachweisen müssen, dass es sich um keine Vergeltungsmaßnahme handelte. Die betroffenen Personen können sich gegen die unwahren Meldungen auf dem Rechtsweg oder mittels einer Strafanzeige wegen Verleumdung oder falscher Anschuldigung wehren.
Der Gesetzesentwurf der Abgeordneten führt die Errichtung der internen Meldekanäle insbesondere für größere öffentliche Institutionen ein (z.B. für den Staat, seine Niederlassung, öffentliche Hochschulen, Krankenkassen). Für andere Arbeitgeber soll die Errichtung freiwillig sein. Im Unterschied zum Entwurf der Regierung rechnet der Entwurf der Abgeordneten mit der Errichtung einer Informations- und Beratungsstelle beim Ombudsmann. Der Hinweisgeber sollte sich nach dem Entwurf anstatt an eine externe Meldestelle an die Strafverfolgungs- oder Verwaltungsorgane wenden.
Schlussfolgerung
In der jetzigen Gesetzgebung ist der Schutz der Hinweisgeber bereits im bestimmten Maße geregelt. In der Gesetzgebung fehlt jedoch eine umfassende Regelung der Meldung, trotz vieler Bemühungen, Whistleblowing im tschechischen Recht durchzusetzen. Zurzeit soll dies mittels der EU-Richtlinie geschehen, die eine umfassende Grundlage und dem tschechischen Gesetzgeber die Mindeststandards bietet. Der tatsächliche Bedarf und Beitrag der neuen umfassenden rechtlichen Regelung der Meldung im tschechischen Rechtssystem ist jedoch fragwürdig, und wir müssen die endgültige Fassung des Gesetzes zum Schutz der Hinweisgeber und dessen Anwendung in der Praxis abwarten.
[1] Ergänzungsbericht zum National Business Ethics Survey (2011). Zum Herunterladen hier.
[2] Nach der Richtlinie ist eine Vergeltungsmaßnahme jede direkte oder indirekte Handlung oder Unterlassung, die im Arbeitsumfeld infolge einer internen oder externen Meldung oder durch deren Offenlegung geschehen und die dem Hinweisgeber einen Schaden zufügt oder zufügen könnte.
[3] Mehr dazu finden Sie hier.
[4] Mehr dazu finden Sie hier.